Verf­GH Saar­land be­stä­tigt Mas­ken­pflicht, rügt Kon­takt­nach­ver­fol­gung

Die in der saar­län­di­schen Co­ro­na-Ver­ord­nung ent­hal­te­ne Re­ge­lung zum Tra­gen einer Mund-Nasen-Be­de­ckung ist ver­fas­sungs­recht­lich nicht zu be­an­stan­den, so der Ver­fas­sungs­ge­richts­hof des Lan­des. Die Vor­schrift zur Kon­takt­nach­ver­fol­gung sei da­ge­gen ver­fas­sungs­wid­rig. Ein solch weit­rei­chen­der Ein­griff hätte nicht durch die Exe­ku­ti­ve, son­dern vom Land­tag ge­re­gelt wer­den dür­fen. Bis zum 30.11.2020 dürfe die Vor­schrift aber fort­gel­ten.

Hand­lungs­frei­heit und Grund­recht auf Da­ten­schutz als ver­letzt ge­rügt

Ein saar­län­di­scher Bür­ger hatte sich mit einer Ver­fas­sungs­be­schwer­de gegen einen Be­schluss des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts des Saar­lan­des (BeckRS 2020, 8498ge­wandt, mit dem sein An­trag auf Au­ßer­voll­zug­set­zung der saar­län­di­schen Co­ro­na-Ver­ord­nung zu­rück­ge­wie­sen wor­den war. Der Be­schwer­de­füh­rer sieht sich durch die Vor­schrif­ten zum Tra­gen einer Mund-Nasen-Be­de­ckung sowie zur Kon­takt­nach­ver­fol­gung in sei­nen Grund­rech­ten der all­ge­mei­nen Hand­lungs­frei­heit und auf Da­ten­schutz ver­letzt.

Al­len­falls "läs­ti­ge" Mas­ken­pflicht hin­zu­neh­men

Der Ver­fas­sungs­ge­richts­hof hat ent­schie­den, dass die Vor­schrift zum Tra­gen einer Mund-Nasen-Be­de­ckung (Art. 2 § 2 der Co­ro­na-Ver­ord­nung) ver­fas­sungs­ge­mäß ist. Der mit der "Mas­ken­pflicht" ver­bun­de­ne Grund­rechts­ein­griff sei ge­ring. Die "Mas­ken­pflicht" sei zeit­lich eng be­grenzt, ver­lan­ge einen ge­rin­gen Auf­wand und könne im We­sent­li­chen als läs­tig be­trach­tet wer­den, führe aber nicht zu ins Ge­wicht fal­len­den Ein­schrän­kun­gen der Fort­be­we­gungs- und Ent­fal­tungs­frei­heit. An­ge­sichts der der­zei­ti­gen wis­sen­schaft­li­chen Er­kennt­nis­se, wo­nach das Tra­gen einer Mund-Nasen-Be­de­ckung ge­eig­net sei, In­fek­tio­nen an­de­rer mit dem Co­ro­na-Virus ein­zu­däm­men und so zur Sta­bi­li­tät des Ge­sund­heits­sys­tems bei­zu­tra­gen, stel­le sich die durch Art. 2 § 2 der Co­ro­na-Ver­ord­nung ge­trof­fe­ne Re­ge­lung als eine ver­fas­sungs­recht­lich nicht zu be­an­stan­den­de Maß­nah­me zur Be­kämp­fung der Pan­de­mie dar.

Kon­takt­nach­ver­fol­gung ist weit­ge­hen­der Ein­griff

Der Verf­GH hat wei­ter ent­schie­den, dass Art. 2 § 3 der saar­län­di­schen Co­ro­na-Ver­ord­nung mit der Ver­fas­sung des Saar­lan­des un­ver­ein­bar ist. Durch die Vor­schrift werde die Er­he­bung per­sön­li­cher In­for­ma­tio­nen nicht nur im Rah­men von Gast­stät­ten­be­su­chen, son­dern auch bei­spiels­wei­se von Got­tes­diens­ten, po­li­ti­schen und ge­sell­schaft­li­chen Zu­sam­men­künf­ten, be­wirkt. Damit sei die Pflicht zur Ge­währ­leis­tung einer Kon­takt­nach­ver­fol­gung durch­aus ge­eig­net, Bür­ger von der Aus­übung grund­recht­li­cher Frei­hei­ten ent­schei­dend ab­zu­hal­ten und Be­we­gungs- und Per­sön­lich­keits­pro­fi­le zu er­stel­len. 

Par­la­ments­ge­setz er­for­der­lich

Über einen sol­chen Ein­griff dürfe nicht die Exe­ku­ti­ve al­lein ent­schei­den. Viel­mehr sei das Par­la­ment be­ru­fen, in öf­fent­li­cher, trans­pa­ren­ter De­bat­te Für und Wider ab­zu­wä­gen, vor allem aber die Ver­wen­dung der In­for­ma­tio­nen rechts­si­cher zu re­geln. Der durch die Vor­schrift er­mög­lich­te Ein­griff in das Grund­recht auf Schutz der per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten daue­re be­reits län­ger an und werde an­ge­sichts der In­fek­ti­ons­la­ge vor­aus­sicht­lich wei­te­re Mo­na­te an­dau­ern. Damit sei der Grund­rechts­ein­griff von einer der­ar­ti­gen In­ten­si­tät, dass nur ein Par­la­ments­ge­setz - nicht aber eine Rechts­ver­ord­nung der Lan­des­re­gie­rung - ihn recht­fer­ti­gen kann.

Wei­ter­gel­tung unter stren­ger Auf­la­ge

Da Art. 2 § 3 der Co­ro­na-Ver­ord­nung dem le­gi­ti­men Ziel der Pan­de­mie-Ein­däm­mung dient, hat der Verf­GH von der Mög­lich­keit Ge­brauch ge­macht, die Vor­schrift bis zu einer Neu­re­ge­lung durch den Land­tag des Saar­lan­des vor­über­ge­hend - längs­tens bis zum 30.11.2020 - in Kraft zu las­sen. Per­so­nen­be­zo­ge­ne Daten, die nach der Vor­schrift er­ho­ben wer­den, dürf­ten je­doch nur auf­grund einer ge­richt­li­chen Ent­schei­dung an die Ge­sund­heits­be­hör­den über­mit­telt wer­den.

VerfGH Saarland, Beschluss vom 28.08.2020 - 28.08.2020 Lv 15/20

Redaktion beck-aktuell, 31. August 2020.

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