Zwei fraktionslose Landtagsabgeordnete nicht als parlamentarische Gruppe anerkannt

Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hat mit Beschluss vom 27.07.2020 die Organklage einer fraktionslosen Landtagsabgeordneten zurückgewiesen, mit der diese sich gegen einen Beschluss des Landtags wendet, ihrem Zusammenschluss mit einem weiteren fraktionslosen Abgeordneten die Anerkennung als “Freie Alternative Gruppe im Landtag“ und die Gewährung weitergehender parlamentarischer Rechten zu verweigern.

Klägerin gründete "parlamentarische Gruppe"

Die Antragstellerin ist Mitglied der Alternative für Deutschland (AfD) und seit der 17. Wahlperiode Abgeordnete im Landtag Rheinland-Pfalz. Nachdem sie zunächst Mitglied der Fraktion der AfD war, trat sie am 07.08.2019 aus dieser aus. Im Januar 2020 teilte sie dem Präsidenten des Landtags und dem Ältestenrat mit, sie habe zusammen mit einem weiteren fraktionslosen Abgeordneten, der zuvor aus der AfD-Fraktion ausgeschlossen worden war, die "Freie Alternative Gruppe im Landtag" gegründet. Zugleich bat sie um förmliche Anerkennung dieser Gruppe sowie um finanzielle Ausstattung in Höhe von 2.500 Euro je Mitglied des Landtags, Gleichstellung der Redezeit mit den Oppositionsfraktionen im Plenum, entsprechende Berücksichtigung bei der Besetzung der parlamentarischen Ausschüsse und Bereitstellung von Räumlichkeiten und Parkplätzen.

Landtag verweigerte Anerkennung

Der Landtag lehnte dies einstimmig ab. Gegen den Beschluss des Landtags erhob die Antragstellerin "Beschwerde" zum Verfassungsgerichtshof, ohne allerdings einen konkreten Antrag zu stellen. Zur Begründung verwies sie der Sache nach lediglich "auf diverse Entscheide des Bundesverfassungsgerichts" betreffend den Status fraktionsloser Abgeordneter, die Praxis in anderen Landesparlamenten, Bürgerschaften und den rheinland-pfälzischen Kommunalparlamenten sowie die "Entscheidung des Bundestages" zu den "Regeln für die Wahrnehmung parlamentarischer Minderheitsrechte".

VerfGH weist Organklage als unzulässig zurück

Der Verfassungsgerichtshof hat den Antrag im Organstreitverfahren als unzulässig zurückgewiesen. Der Antrag sei schon nicht ordnungsgemäß begründet worden. Aus § 23 Abs. 1 RPVerfGHG in Verbindung mit § 23 Abs. 2 S. 1 RPVerfGHG folge für einen Antrag im Organstreitverfahren eine jedenfalls rudimentäre Begründungspflicht, die sich nicht in der bloßen Behauptung einer Verfassungsrechtsverletzung erschöpfe. Würde der Verfassungsgerichtshof diese Aufgabe in eigener Verantwortung anstelle des Antragstellers wahrnehmen, widerspräche dies dem Charakter des Organstreitverfahrens als kontradiktorische Parteistreitigkeit, die gerade nicht einer Kontrolle der objektiven Verfassungsmäßigkeit eines bestimmten Organhandelns diene.

Eingereichte "Klageschrift" enthielt weder Antrag noch Begründung

Diesen Maßstäben werde die Antragsschrift nicht gerecht. Die Antragstellerin mache darin schon in tatsächlicher Hinsicht nahezu keine Ausführungen und formuliere weder einen konkreten Antrag noch bezeichne sie eine Bestimmung der Verfassung, aus der sie ihre Bedenken gegen den angegriffenen Landtagsbeschluss herleite. Auch aus der überaus knappen Antragsbegründung - die trotz eines ausdrücklichen Hinweises des Verfassungsgerichtshofs ebenfalls keinen Antrag enthalte - lasse sich das prozessuale Begehren der Antragstellerin nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen. Dadurch bleibe insbesondere offen, welche verfassungsmäßigen Rechte die Antragstellerin als verletzt ansehe. Auf der einen Seite trete sie vor dem Verfassungsgerichtshof ausdrücklich als "MdL" auf und verwende Formulierungen wie "lege ich Beschwerde ein" oder "Gründe meiner Klage", wohingegen sie noch gegenüber dem Landtag unter Verwendung eines Briefkopfs der ""Fraktionsgruppe" als "Fraktionsgruppenvorsitzende" aufgetreten sei. Auf der anderen Seite ziele ihre Argumentation in der Sache - soweit nachvollziehbar - eher auf die Geltendmachung von Gruppenrechten ab. Ihr Vorbringen sei insgesamt widersprüchlich und damit unklar.

VerfGH RhPf, Beschluss vom 27.07.2020 - O 24/20

Redaktion beck-aktuell, 28. Juli 2020.