Vorlagegericht entnahm Gesetz Verbot der Ärzte-GmbH und hielt Verbot für verfassungswidrig
In den beiden Ausgangsverfahren beantragte jeweils eine GmbH, deren Zweck die Erbringung bestimmter ambulanter Leistungen durch Ärzte ist, ihre Eintragung in das Handelsregister beim Amtsgericht Mainz. Dieses lehnte den Eintragungsantrag ab. Auf die Beschwerde der Antragstellerinnen setzte das Oberlandesgericht Zweibrücken (BeckRS 2016, 108130) das Verfahren aus und legte dem VerfGH die Frage zur Entscheidung vor, ob § 21 Abs. 2 des rheinland-pfälzischen Heilberufsgesetzes (HeilBG) mit der Landesverfassung vereinbar ist. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 HeilBG ist die Ausübung der ärztlichen Berufstätigkeit außerhalb von Krankenhäusern und Privatkrankenanstalten an die Niederlassung in eigener Praxis gebunden, soweit nicht gesetzliche Bestimmungen etwas anderes zulassen oder eine unselbstständige Tätigkeit in der Praxis von Berufsangehörigen ausgeübt wird. Das OLG vertrat die Auffassung, diese Vorschrift enthalte ein Verbot freiberuflicher ärztlicher Tätigkeit in der Rechtsform einer GmbH. Ein solches Verbot verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen die Landesverfassung, insbesondere gegen die Berufsfreiheit sowie das Gleichbehandlungsgebot.
VerfGH: OLG hätte Ausnahmeregelung prüfen müssen
Der VerfGH hat die Vorlagen für unzureichend begründet und daher für unzulässig erachtet. Denn das OLG habe die naheliegende Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung nicht erörtert. Es habe die Regelung des § 21 Abs. 2 Satz 5 HeilBG nicht berücksichtigt, wonach die Kammern in besonderen Einzelfällen Ausnahmen von Satz 1 zulassen können, wenn sichergestellt sei, dass berufsrechtliche Belange nicht beeinträchtigt seien. Die aktuelle ärztliche Berufsordnung in Rheinland-Pfalz stehe einer freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit in der Rechtsform einer GmbH nicht entgegen, wenn bestimmte in der Berufsordnung aufgeführte berufsrechtliche Voraussetzungen - hinsichtlich der Gesellschafter, Geschäftsführung, Gesellschaftsanteile und Stimmrechte, Gewinnbeteiligung sowie Berufshaftpflichtversicherung - erfüllt seien. Laut VerfGH spricht daher alles dafür, dass berufsrechtliche Belange nicht beeinträchtigt seien, wenn eine Ärztegesellschaft in der Form einer GmbH die in der Berufsordnung genannten Voraussetzungen erfülle. Es liege demnach nahe, dass den verfassungsrechtlichen Bedenken des vorlegenden Gerichts, wonach das Verbot des § 21 Abs. 2 Satz 1 HeilBG in nicht zu rechtfertigender Weise insbesondere in die verfassungsrechtlich verbürgte Berufsfreiheit (Art. 58 der rheinland-pfälzischen Verfassung) eingreife, durch die Zulassung einer Ausnahme nach § 21 Abs. 2 Satz 5 HeilBG Rechnung getragen werden könne.
Anspruch auf Zulassung im Weg verfassungskonformer Auslegung der Ausnahmeregelung möglich
Zwar entscheide die Kammer über die Zulassung einer Ausnahme nach Ermessen, so der VerfGH weiter. Dieses Ermessen könne sich angesichts des betroffenen Grundrechts der Berufsfreiheit allerdings derart verdichten, dass im Einzelfall die Verweigerung, eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Verbot zuzulassen, jedenfalls dann gegen die Verfassung verstoße, wenn die GmbH die in der ärztlichen Berufsordnung genannten Voraussetzungen für eine Ärztegesellschaft in der Form einer juristischen Person des Privatrechts erfülle.