Erfordernis von Unterstützungsunterschriften
Die Wahlvorschläge für das Bürgermeisteramt müssen gemäß § 46b in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 KWahlG NRW bis zum 59. Tag vor der Wahl, 18 Uhr, beim Wahlleiter eingereicht werden. Für Wahlvorschläge von Parteien oder Wählergruppen, die in der laufenden Wahlperiode nicht ununterbrochen in der zu wählenden Vertretung, in der Vertretung des zuständigen Kreises, im Landtag oder aufgrund eines Wahlvorschlages aus dem Land im Bundestag vertreten sind, müssen ferner sogenannte Unterstützungsunterschriften beigebracht werden. Die Vorschläge müssen gemäß § 46d Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 15 Abs. 2 Satz 3 KWahlG NRW von mindestens fünfmal, für die Wahl in Gemeinden mit bis zu 10.000 Einwohnern von mindestens dreimal so viel Wahlberechtigten, wie die Vertretung Mitglieder hat, persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein.
Landesgesetzgeber senkte Unterschriftenquorum wegen Corona ab
Mit Erlass vom 20.05.2020 teilte das Ministerium des Innern mit, dass die Kommunalwahlen wie geplant am 13.09.2020 stattfinden sollen. Am 03.06.2020 trat das Gesetz zur Durchführung der Kommunalwahlen 2020 in Kraft, mit dem der Landesgesetzgeber auf mögliche Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die anstehenden Kommunalwahlen reagierte. Nach § 6 dieses Gesetzes können Wahlvorschläge nicht nur bis zum 59. Tag, sondern bis zum 48. Tag vor der Wahl (hier: 27.07.2020), 18 Uhr, beim Wahlleiter eingereicht werden. Ferner wurde die Anzahl der notwendigen Unterstützungsunterschriften unter anderem für Wahlvorschläge für das Bürgermeisteramt gesenkt. Für die diesjährigen Kommunalwahlen müssen diese Wahlvorschläge danach von dreimal, für die Wahl in Gemeinden mit bis zu 10.000 Einwohnern von mindestens zweimal so vielen Wahlberechtigten unterzeichnet sein, wie die Vertretung Mitglieder hat.
Verletzung der Chancen- und Wahlrechtsgleichheit gerügt
Die Beschwerdeführerin im Verfahren VerfGH 102/20.VB-2 wurde von der noch nicht im Rat vertretenen Ortsgruppe Recklinghausen der Ökologisch-demokratischen Partei (ÖDP) als Kandidatin für die Bürgermeisterwahl in Recklinghausen nominiert. Antragsteller im Eilverfahren VerfGH 103/20 ist der Ortsverband der ÖDP. Die Beschwerdeführerin und der Antragsteller trugen im Wesentlichen vor, sie müssten für den Wahlvorschlag der Beschwerdeführerin als Oberbürgermeisterkandidatin bis zum 27.07.2020 insgesamt 156 Unterschriften beibringen. Die Bürger seien pandemiebedingt aber äußerst reserviert und gingen auf Wahlstände kaum aktiv zu. Auch Hausbesuchen stünden sie nicht offen gegenüber. Die Absenkung des Unterschriftsquorums und die Verlängerung der Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge seien nicht ausreichend, um diese Nachteile auszugleichen. Deshalb seien die Grundsätze der Chancen- und Wahlrechtsgleichheit verletzt.
VerfGH: Gesetzgeberische Reaktion ausreichend
Der VerfGH hat die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen und den Eilantrag abgelehnt. Der Gesetzgeber habe auf die pandemiebedingten Erschwernisse bei der Sammlung der sogenannten Unterstützungsunterschriften durch die Absenkung der Quoren und die Verlängerung der Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge in einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Weise reagiert. Eine weitere Absenkung oder gar ein gänzlicher Verzicht auf die Beibringung der Unterschriften sei verfassungsrechtlich nicht geboten gewesen. Insofern gelte hinsichtlich der für Wahlvorschläge für das Bürgermeisteramt notwendigen Unterstützungsunterschriften nichts anderes als für die Quoren für Wahlbezirksvorschläge und Reservelisten, mit denen sich der VerfGH bereits befasst habe (VerfGH 63/20.VB-2, VerfGH 88/20). Der Eilantrag des Ortsverbands der ÖDP sei ebenfalls abzulehnen gewesen, da sich der in der Hauptsache anhängige Organstreit bei summarischer Prüfung aus den gleichen Gründen als voraussichtlich unbegründet erweise.