VerfGH Nordrhein-Westfalen: Kommunalverfassungsbeschwerden gegen Regelungen zur schulischen Inklusion unzulässig

Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hat mit Urteil vom 10.01.2017 die Verfassungsbeschwerden zahlreicher Städte und Gemeinden gegen das 9. Schulrechtsänderungsgesetz, durch das die inklusive Bildung in allgemeinen Schu­len als Regelfall eingeführt wurde, als unzulässig verworfen. Den Beschwerdeführerinnen fehle die Beschwerdebefugnis, da sie nicht die Inklusionsregelungen, sondern den Belastungsausgleich, der im Inklusionsaufwendungsgesetz geregelt sei, als unzureichend gerügt hätten (Az.: VerfGH 8/15).

Beschwerdeführerinnen rügten ungenügenden Belastungsausgleich

Die Beschwerdeführerinnen hatten mit ihren Kommunalverfassungsbeschwerden geltend gemacht, das 9. Schulrechtsänderungs­gesetz verletze die Vorschriften der Landesverfassung über das Recht der gemeind­lichen Selbstverwaltung, insbesondere in seiner Ausprägung durch die Konnexitätsbestimmungen in Art. 78 Abs. 3 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen. Der Gesetzgeber habe die verfassungsrechtlichen Vorgaben für einen Belastungsausgleich nicht beachtet.

VerfGH: Beschwerden mangels Beschwerdebefugnis unzulässig

Der VerfGH hat die kommunalen Verfassungsbeschwerden als unzulässig verworfen. Es fehle den Beschwerdeführerinnen an der erforderlichen Beschwerdebefugnis. Nach ihrem eigenen Vor­bringen komme eine Rechtsverletzung durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz nicht in Betracht. Sie wendeten sich nicht gegen die materiellen Regelungen dieses Gesetzes zur schulischen Inklusion, sondern sähen eine Verletzung ihrer Rechte vielmehr darin, dass der Landesgesetzgeber die verfassungsrechtlichen Vorgaben über den erforderlichen Belastungsausgleich nicht be­achtet habe. Die Regelungen zum Ausgleich der die Kommunen aufgrund des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes treffenden finanziellen Belastungen enthalte aber ein anderes Gesetz - das Gesetz zur Förderung kommunaler Aufwendungen für die schulische Inklusion (Inklusions­aufwendungsgesetz) -, das die Beschwerdeführerinnen nicht angegriffen hätten.

Beschwer durch Aufgabenübertragungsnorm nur bei fehlender Belastungsausleichsregelung möglich

Laut VerfGH ist die Verfassungsbeschwerde zwar unmittelbar gegen die Aufgabenübertragungsnorm im Sinne des Art. 78 Abs. 3 LV NRW zu richten, wenn eine Belastungsausgleichsregelung völlig fehle. Ein solcher Fall sei hier aber nicht gegeben. Viel­mehr habe der Gesetzgeber mit dem Inklusionsaufwendungsgesetz Regelungen über einen Belastungsausgleich getroffen. In Fällen, in denen der Gesetzgeber gleichzeitig mit der Aufgabenübertragung den Belastungsausgleich regele, würden die Kommunen bei einem gegebenenfalls unzureichenden finanziellen Ausgleich durch die Belastungsausleichsregelung, nicht aber durch die Aufgabenübertragungsnorm beschwert. Das Inklusionsaufwendungsgesetz sei eine gleichzeitige Belastungsaus­gleichsregelung, denn es sei zeitgleich mit dem 9. Schulrechtsänderungsgesetz in Kraft getreten.

VerfGH NRW, Urteil vom 10.01.2017 - VerfGH 8/15

Redaktion beck-aktuell, 10. Januar 2017.

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