Berliner Senat durfte Kostenschätzung zu "Deutsche Wohnen und Co enteignen" abgeben

Die Senat der Stadt Berlin hat in einer amtlichen Mitteilung zum geplanten Volksentscheid der Initiative "Deutsche Wohnen und Co enteignen" eine Kostenschätzung veröffentlicht. Nach Beschlüssen des Verfassungsgerichtshofs Berlin verstößt diese nicht gegen das Sachlichkeitsgebot. Mit dem Volksentscheid möchte die Initiative die Vergesellschaftung privater Wohnungsgesellschaften erreichen.

Senat schätzt Kosten in Milliardenhöhe

Im März 2019 veröffentlichte die Senatsverwaltung für Inneres und Sport eine Kostenschätzung, nach der die voraussichtlichen Kosten der geplanten Vergesellschaftung von Wohnungen 28,8 bis 36 Milliarden Euro zuzüglich 180 Millionen Euro Erwerbsnebenkosten betragen. Im Juli 2021 beschloss der Senat Argumente für die Veröffentlichung in der amtlichen Mitteilung zum Volksentscheid, die gegenwärtig an die Berliner Haushalte verschickt wird. In diesen Argumenten wird unter anderem ausgeführt, der Senat gehe in seiner Kostenschätzung vom September 2020 von Entschädigungskosten von 29 bis 39 Milliarden Euro aus und nehme an, dass Berlin bei einer Kreditfinanzierung aus dem Landeshaushalt etwa 6 bis 9 Milliarden Euro bezuschussen müsse. Hinzu kämen voraussichtlich die Grunderwerbsteuer und andere einmalige Kosten.

Einspruch gegen Äußerungen unzulässig

Die Initiative "Deutsche Wohnen und Co enteignen" macht mit ihrem Einspruch und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geltend, dass die Argumente des Senats nicht plausibel und irreführend seien und gegen das Sachlichkeitsgebot verstoßen würden. Der Verfassungsgerichtshof hat den Einspruch jedoch als unzulässig verworfen. Dieser kann nach § 14 Nr. 7 des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof (VerfGHG) – in Verbindung mit § 41 Abs. 1 des Abstimmungsgesetzes (AbstG) nur gegen die in § 41 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 AbstG aufgezählten Entscheidungen und Feststellungen erhoben werden. Dazu zählten weder die Unterlassung noch die Verpflichtung zur Richtigstellung von Äußerungen.

VerfGH sieht keine Beeinflussung der Stimmberechtigen

Der Verfassungsgerichtshof hat auch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Dieser ist zwar zulässig, da ein Rechtsverstoß gerügt werde, der einem späteren Einspruch nach § 14 Nr. 7 VerfGHG in Verbindung mit § 41 Abs. 1 AbstG zum Erfolg verhelfen und noch vor der Abstimmung beseitigt werden könne. Der Antrag sei jedoch unbegründet. In Fortführung seiner Rechtsprechung erklärte der Verfassungsgerichtshof, dass die Grenze zur unzulässigen Einflussnahme des Senats im Vorfeld der Abstimmung erst dann überschritten sei, wenn nicht mehr die sachliche Information der Bürger, sondern die Beeinflussung der Stimmberechtigten in einer die Entscheidungsfreiheit missachtenden und gefährdenden Weise im Vordergrund stehe. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt.

VerfGH Berlin, Beschluss vom 16.08.2021 - VerfGH 96/21

Redaktion beck-aktuell, 17. August 2021.