Verf­GH Ber­lin be­stä­tigt Ord­nungs­ru­fe nach Tra­gen "blau­er Korn­blu­me"

Das Mit­glied des Ber­li­ner Ab­ge­ord­ne­ten­hau­ses An­dre­as Wild ist im Or­gan­streit­ver­fah­ren auf Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit der gegen ihn wegen des Tra­gens einer blau­en Korn­blu­me ge­rich­te­ten Ord­nungs­ru­fe des Prä­si­den­ten des Ab­ge­ord­ne­ten­hau­ses in der Ab­ge­ord­ne­ten­haus­sit­zung am 29.11.2018 ge­schei­tert. Der Ver­fas­sungs­ge­richts­hof des Lan­des Ber­lin hat den An­trag des AfD-Po­li­ti­kers mit Be­schluss vom 28.08.2019 als un­zu­läs­sig und un­be­grün­det zu­rück­ge­wie­sen (Az.: Verf­GH 189/18).

AfD-Ab­ge­ord­ne­ter Wild trug in Sit­zung um­strit­te­nes Sym­bol der blau­en Korn­blu­me

Der Ab­ge­ord­ne­te trug am 08.11.2018 bei einem Schwei­ge­marsch an­läss­lich des 80. Jah­res­ta­ges der No­vem­ber­po­gro­me eine blaue Stoff­blu­me. Ge­gen­stand der kri­ti­schen Be­richt­erstat­tung dar­über war ins­be­son­de­re die po­li­ti­sche Be­deu­tung der blau­en Korn­blu­me, wel­che von der deutsch­na­tio­na­len Be­we­gung des an­ti­se­mi­ti­schen Po­li­ti­kers Georg von Schö­ne­rer in Ös­ter­reich als Ab­zei­chen ge­nutzt wor­den ist und ein Er­satz­kenn­zei­chen für die Sym­bo­le und Zei­chen der in Ös­ter­reich von 1933 bis 1938 ver­bo­te­nen NSDAP ge­we­sen ist. Der An­trag­stel­ler trug die Blume auch in der Sit­zung des Ab­ge­ord­ne­ten­hau­ses am 29.11.2018.

Prä­si­dent des Ab­ge­ord­ne­ten­hau­ses er­teil­te Ord­nungs­ruf

Der Prä­si­dent er­teil­te ihm des­halb einen Ord­nungs­ruf und for­der­te ihn auf, die Blume ab­zu­le­gen, weil ihr Tra­gen der par­la­men­ta­ri­schen Würde wi­der­spre­che. Der An­trag­stel­ler kam der Auf­for­de­rung zu­nächst nicht nach. Der Prä­si­dent er­teil­te ihm des­halb einen zwei­ten Ord­nungs­ruf, for­der­te ihn er­neut zum Ab­le­gen der Blume auf und wies dar­auf hin, dass der drit­te Ord­nungs­ruf mit dem Aus­schluss von der Sit­zung ver­bun­den wäre. Dar­auf­hin brach­te der An­trag­stel­ler sein Ja­ckett mit der an­ge­hef­te­ten Blume aus dem Ple­nar­saal.

Wild sieht sich in Ab­ge­ord­ne­ten­rech­ten ver­letzt

Wild macht ge­gen­über dem Ab­ge­ord­ne­ten­haus eine Ver­let­zung sei­ner Ab­ge­ord­ne­ten­rech­te durch die Ord­nungs­ru­fe gel­tend. Er habe die Blume aus­schlie­ß­lich als Zei­chen einer kon­ser­va­ti­ven und pa­trio­ti­schen Ein­stel­lung ge­tra­gen. Der Ab­ge­ord­ne­te be­gehr­te mit sei­nem An­trag die Fest­stel­lung, dass die Ord­nungs­ru­fe des Prä­si­den­ten des Ab­ge­ord­ne­ten­hau­ses in der Ab­ge­ord­ne­ten­haus­sit­zung am 29.11.2018 gegen die Ver­fas­sung von Ber­lin ver­sto­ßen.

Verf­GH: Fest­stel­lungs­an­trag ist un­zu­läs­sig und un­be­grün­det

Der Ver­fas­sungs­ge­richts­hof hat ent­schie­den, dass der An­trag be­reits un­zu­läs­sig ist, weil er gegen das Ab­ge­ord­ne­ten­haus und damit gegen den fal­schen An­trags­geg­ner ge­rich­tet wor­den ist. Rich­ti­ger An­trags­geg­ner sei der Prä­si­dent des Ab­ge­ord­ne­ten­hau­ses, da die­ser die an­ge­grif­fe­nen Ord­nungs­ru­fe recht­lich zu ver­ant­wor­ten habe. Der An­trag sei aber auch un­be­grün­det, da die Ord­nungs­ru­fe die Ab­ge­ord­ne­ten­rech­te des An­trag­stel­lers nicht ver­letzt hät­ten. Der Prä­si­dent des Ab­ge­ord­ne­ten­hau­ses sei be­rech­tigt, Ab­ge­ord­ne­te zur Ord­nung zu rufen, wenn sie die Würde des Ab­ge­ord­ne­ten­hau­ses ver­let­zen.

Tra­gen blau­er Korn­blu­me als be­wuss­tes Zei­gen von Nazi-Sym­bo­lik zu ver­ste­hen

Seine Ein­schät­zung, das Tra­gen der blau­en Blume ver­let­ze die Würde des Ab­ge­ord­ne­ten­hau­ses, sei ins­be­son­de­re unter Be­rück­sich­ti­gung der Vor­ge­schich­te des Ge­sche­hens der Sit­zung am 29.11.018 nicht zu be­an­stan­den. Der Prä­si­dent durf­te das Tra­gen einer blau­en Blume als be­wuss­tes Tra­gen eines NSDAP-Sym­bols und Ab­zei­chens der Schö­ne­rer-Be­we­gung ver­ste­hen.

VerfGH Bln, Beschluss vom 28.08.2019 - VerfGH 189/18

Redaktion beck-aktuell, 2. September 2019.

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