Ausweisung als geschützter Landschaftsbestandteil wieder aufgehoben
Das Landratsamt Bamberg hatte am 16.04.2014 als untere Naturschutzbehörde die Verordnung über den geschützten Landschaftsbestandteil "Der Hohe Buchene Wald im Ebracher Forst" erlassen. Durch diese Verordnung (Ausgangsverordnung) waren auf der Grundlage von § 29 BNatSchG etwa 775 ha große, nordwestlich des Marktes Ebrach gelegene gemeindefreie Waldflächen als geschützter Landschaftsbestandteil ausgewiesen worden. Gestützt auf eine neue Zuständigkeitsregelung hob die Regierung am 10.08.2015 die Ausgangsverordnung auf. Die Aufhebungsverordnung ist Gegenstand der Popularklage. Sie wurde bereits mit einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO angegriffen, den der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München abgelehnt hat (BeckRS 2016, 106534). Die Revision gegen diese Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht im Dezember 2017 zurückgewiesen (Az.: 4 CN 8.16).
Antragsteller sehen Rechtsstaatsprinzip und Willkürverbot verletzt
Die Antragsteller rügen eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Bayerische Verfassung - BV) in Verbindung mit dem Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV), weil die Aufhebungsverordnung in erheblichem Maß gegen völkerrechtliche und unionsrechtliche Vorschriften sowie gegen höherrangiges Bundes- und Landesrecht verstoße. Die Ausgangsverordnung sei offensichtlich rechtmäßig gewesen. Der Freistaat Bayern habe sie ohne belastbare Rechtsgrundlage aus wirtschaftlichen Gründen und aufgrund rein politischer Erwägung aufgehoben und sich damit in eklatanter Weise und sehenden Auges außerhalb der Rechtsordnung gestellt.
Bayerischer Landtag und bayerische Regierung zweifeln an Zulässigkeit der Klage
Der Bayerische Landtag und die Bayerische Staatsregierung haben Zweifel an der Zulässigkeit der Popularklage und halten diese jedenfalls für unbegründet. Die Ausgangsverordnung sei nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 29 BNatSchG gedeckt und damit nichtig gewesen. Diese Vorschrift diene dem Objekt-, nicht dem Flächenschutz. Der "Hohe Buchene Wald im Ebracher Forst" sei aber kein in der Natur abgrenzbarer Schutzgegenstand, sondern ergebe nur als Teil eines größeren Ganzen Sinn.
Klage mangels Aufzeigens einer Grundrechtsverletzung unzulässig
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat die Popularklage abgewiesen. Sie sei bereits unzulässig. Die Antragsteller hätten nicht in der erforderlichen Weise dargelegt, inwiefern durch die angegriffene Aufhebungsverordnung ein Grundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt sein könnte.
Verletzung allgemeinen Willkürverbots nicht aufgezeigt
Insbesondere ergebe sich aus der Popularklage keine Verletzung des allgemeinen Willkürverbots (Art. 118 Abs. 1 BV). Die Regierung habe die Aufhebungsverordnung auf die Erwägung gestützt, die Verordnung des Landratsamts über den geschützten Landschaftsbestandteil "Der Hohe Buchene Wald im Ebracher Forst" sei durch die (bundesrechtliche) Ermächtigungsgrundlage des § 29 BNatSchG nicht gedeckt und deshalb materiell rechtswidrig gewesen. Das ausgewiesene Schutzgebiet stelle kein taugliches Schutzobjekt dar, weil es an dem für eine Einstufung als geschützter Landschaftsbestandteil erforderlichen Merkmal der Abgrenzbarkeit fehle. Die demnach rechtfehlerhafte Ausgangsverordnung sei im Interesse der Rechtsklarheit und -sicherheit aufzuheben.
Kein ausreichendes Maß an Sachwidrigkeit dargelegt
Demgegenüber gründeten die Antragsteller ihren Willkürvorwurf auf die Annahme, die Ausgangsverordnung sei rechtmäßig gewesen, weil § 29 BNatSchG bei richtigem Verständnis andere Anforderungen an das Schutzobjekt stelle und diese bei den Buchenwaldflächen erfüllt seien. Ihre Aufhebung sei ohne rechtlich relevanten Grund allein aus politischem Kalkül und aufgrund wirtschaftlicher Interessen erfolgt. Diese Argumentation werde zwar unter Einbeziehung der unionsrechtlichen Vorgaben eingehend in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht entwickelt. Es fehlten jedoch auch bei Berücksichtigung der von den Antragstellern geschilderten politischen und verfahrensrechtlichen Abläufe im Vorfeld des Erlasses der Aufhebungsverordnung Angaben, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass die Auslegung und Anwendung der bundesrechtlichen Vorschrift des § 29 BNatSchG durch die Regierung nicht nur "falsch", sondern in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht von einem solchen Maß an Sachwidrigkeit geprägt sein könnte, dass der Aufhebungsverordnung die Geltung abgesprochen werden muss. Dafür sei der Popularklage nichts Konkretes zu entnehmen und auch nichts ersichtlich.
Entscheidung des BVerwG schließt landesverfassungsrechtliche Kontrolle aus
Abgesehen davon habe das BVerwG im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO die Rechtsauffassung der Regierung geteilt. Der "Hohe Buchene Wald im Ebracher Forst" habe nicht als geschützter Landschaftsbestandteil im Sinn des § 29 BNatSchG ausgewiesen werden dürfen, weil die hierfür erforderliche optische Abgrenzbarkeit des Schutzobjekts von seiner Umgebung nicht gegeben sei. Damit fehle es für die Ausgangsverordnung an einer – bundesrechtlichen – Ermächtigungsgrundlage. Als unwirksame Verordnung könne sie zur Umsetzung der Vorgaben des Unionsrechts nichts beitragen, weshalb ihre der Rechtssicherheit dienende Aufhebung nicht zu beanstanden sei. Hat damit ein oberster Gerichtshof des Bundes in einem Rechtsmittelverfahren die Auslegung und Anwendung des § 29 BNatSchG durch den Verordnungsgeber in der Sache geprüft und in ihrem Inhalt bestätigt, liege nicht nur der von den Antragstellern erhobene Willkürvorwurf fern, betont der VerfGH Bayern. Vielmehr müsse auch eine landesverfassungsrechtliche Kontrolle am Maßstab des Willkürverbots von vornherein ausscheiden, weil sie auf eine der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes widersprechende mittelbare Überprüfung der Entscheidung eines Bundesgerichts hinauslaufen würde.