Corona-Verordnung schreibt Kontaktdatenerhebung vor
Die Siebte Bayerische Corona-Verordnung schreibt vor, dass bei Veranstaltungen, Tagungen, Kongressen, Messen und Ausstellungen sowie beim Besuch von Gastronomie- und Beherbergungsbetrieben die Kontaktdaten der Teilnehmer und Besucher zu erfassen sind. Zu dokumentieren sind jeweils Namen und Vornamen, eine sichere Kontaktinformation (Telefonnummer, E-Mail-Adresse oder Anschrift) sowie der Zeitraum des Aufenthaltes. Die Daten müssen den zuständigen Gesundheitsbehörden auf deren Verlangen hin übermittelt werden, soweit dies zur Ermittlung von Kontaktpersonen erforderlich ist. Nach Ablauf eines Monats müssen sie gelöscht werden. Gibt jemand falsche Kontaktdaten an, kann dies als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße geahndet werden.
Antragsteller sieht Freiheitsrechte verletzt
Der Antragsteller sieht durch die Erfassung von Kontaktdaten die Freiheitsrechte, insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, verletzt und hat deshalb Popularklage erhoben. Zugleich begehrte er per Eilantrag die einstweilige Außervollzugsetzung der Vorschriften zur Kontaktdatenerfassung.
VerfGH Bayern: Ermächtigungsgrundlage bei summarischer Prüfung verfassungskonform
Der VerfGH hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Siebte Bayerische Corona-Verordnung sei auf § 32 Satz 1 IfSG in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gestützt. Die bundesrechtliche Ermächtigung begegne bei der nur überschlägigen Prüfung im Eilverfahren keinen Bedenken. Eine Pandemie könne kurzfristige Reaktionen des Verordnungsgebers auf sich ändernde Gefährdungslagen erforderlich machen. Daher erscheine es im Bereich des Infektionsschutzes nicht offensichtlich unzulässig, wenn der Gesetzgeber eine offene Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage vorhalte, die dem Verordnungsgeber ein breites Spektrum an geeigneten Maßnahmen eröffne.
Kontaktdatenerhebung von Ermächtigungsgrundlage umfasst
Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Ermächtigungsgrundlage im Infektionsschutzgesetz für Regelungen zur Erhebung und Verarbeitung persönlicher Daten von vornherein nicht in Betracht komme. Sie ermächtige den Verordnungsgeber, Personen zu verpflichten, bestimmte Orte oder öffentliche Orte nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Es erscheine deshalb nicht als offensichtlicher Fehlgriff, wenn der Verordnungsgeber auf dieser Grundlage die Teilnahme an bestimmten Veranstaltungen und den Besuch bestimmter Orte davon abhängig macht, dass Kontaktdaten angegeben werden, um eine Rückverfolgung von Infektionsketten zu ermöglichen.
Ermächtigungsgrundlage nicht überschritten
Es sei auch nicht offensichtlich, dass der Verordnungsgeber beim Erlass der angegriffenen Vorschriften die bundesrechtlich eröffneten Spielräume überschritten und insbesondere seine verfassungsrechtliche Pflicht zur strengen Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 101 in Verbindung mit Art. 100 Bayerische Verfassung) verletzt haben könnte. Das Robert-Koch-Institut teile in seiner aktuellen Risikobewertung mit, dass die Dynamik des Infektionsgeschehens in fast allen Regionen zunehme. Vor dem Hintergrund der derzeitigen Entwicklung bewerte es die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland weiterhin als hoch, für Risikogruppen als sehr hoch.
VerfGH bekräftigt bisherige Rechtsprechung
Bei der daher vorzunehmenden Folgenabwägung sah der VerfGH die gegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe überwiegen. Dabei hält er hinsichtlich der Anti-Corona-Maßnahmen in der Siebten Bayerischen Corona-Verordnung an seiner bisherigen Bewertung fest. Die darin fortgeschriebenen Grundrechtsbeschränkungen müssten trotz ihrer andauernden nachteiligen Folgen gegenüber der fortbestehenden, in den letzten Wochen sogar erneut gestiegenen Gefahr für Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen zurücktreten.
Schutz von Leib und Leben überwiegt
Diese Folgenabwägung gelte auch für die Kontaktdatenerfassung. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die hiermit verbundene Beeinträchtigung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung zwar als gewichtig anzusehen ist, der Normgeber aber wirksame Anstrengungen unternommen hat, die Beeinträchtigung der Betroffenen durch die Vorgabe einer kurzen Aufbewahrungsdauer und eines eng begrenzten Verwendungszwecks der Daten in einem möglichst überschaubaren Rahmen zu halten. Es überwiege daher das Interesse an einer Abwehr der im Fall einer Außervollzugsetzung eintretenden Gefahren für Leib und Leben.