Islamunterricht darf in Bayern nach den Ferien stattfinden
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© Oliver Berg / dpa

Der in Bayern zum Schuljahresbeginn geplante Islamunterricht wird stattfinden. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat es gestern abgelehnt die entsprechenden Neuregelungen vorläufig außer Vollzug zu setzen. Ein Eilantrag der AfD-Landtagsfraktion scheiterte bereits, weil das angekündigte Hauptsacheverfahren offensichtlich unzulässig wäre. Auch weitere Antragssteller blieben in dem zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfahren erfolglos.

Verstoß gegen Bayerische Verfassung?

Die Eilverfahren betreffen die Frage, ob Art. 47 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) sowie § 27 der Bayerischen Schulordnung (BaySchO) in ihrer geänderten, seit 01.08.2021 geltenden Fassung gegen die Bayerische Verfassung verstoßen und insoweit bis zu einer Entscheidung in den – von den Antragstellern angekündigten, aber noch nicht eingeleiteten – Hauptsacheverfahren durch einstweilige Anordnung außer Vollzug zu setzen sind. Die neuen Regeln erlauben Schülerinnen und Schülern, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, ab dem Schuljahr 2021/2022 die Wahl zwischen Ethikunterricht und Islamunterricht. Das neue Fach soll eine grundlegende Werteorientierung sowie Wissen über die Weltreligion Islam in interkultureller Sicht vermitteln. Es geht zurück auf einen bayerischen Modellversuch, mit dem seit dem Jahr 2009 ein neu konzipierter "Islamischer Unterricht" erprobt worden war. Ab dem neuen Schuljahr wird er nunmehr in veränderter Form in ein reguläres Unterrichtsfach (Wahlpflichtfach) übergeleitet.

Hauptsacheverfahren offensichtlich unzulässig wäre

Der VerfGH hat die Anträge jetzt abgewiesen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung im von der AfD-Landtagsfraktion angestoßenen Verfahren (Vf. 43-VIII-21) komme schon deswegen nicht in Betracht, weil das angekündigte Hauptsacheverfahren offensichtlich unzulässig wäre. Die geltend gemachte Meinungsverschiedenheit über die Verfassungsmäßigkeit des Änderungsgesetzes sei nicht, wie für das Verfahren nach Art. 75 Abs. 3 BV erforderlich, schon im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens erkennbar geworden. In den Gesetzesberatungen seien von Abgeordneten der Antragstellerin keine konkreten verfassungsrechtlichen Zweifel gegen das Änderungsgesetz erhoben, sondern lediglich unspezifische rechtliche Bedenken geltend gemacht sowie politische Vorbehalte gegen den Islamischen Unterricht vorgetragen worden. Es fehle damit offensichtlich an der notwendigen Identität zwischen den während der Gesetzesberatungen im Landtag erhobenen Rügen und dem Gegenstand der angekündigten Verfassungsstreitigkeit. Eine (Änderungs-)Verordnung könne von vornherein nicht Gegenstand im Verfahren der Meinungsverschiedenheit gemäß Art. 75 Abs. 3 BV sein.

Regelungen nicht offensichtlich verfassungswidrig

Auch im zweiten Verfahren (Vf. 44-VII-21) liegen nach Ansicht des VerfGH die Voraussetzungen für die beantragte Außervollzugsetzung nicht vor. Es bestünden bereits erhebliche Zweifel, ob die angekündigte künftige Popularklage zulässig wäre. Im Übrigen erwiesen sich die angegriffenen Regelungen weder aus formellen noch aus materiellen Gründen als offensichtlich verfassungswidrig.

Gleichheitssatz und staatliches Neutralitätsgebot nicht verletzt

Bei dem Islamischen Unterricht handele es sich nach dem Gesetzeswortlaut, der systematischen Stellung der Vorschrift im Gesetz sowie dem Sinn und Zweck der Regelung nicht um konfessionellen Religionsunterricht im Sinn des Art. 136 Abs. 2 BV, sondern um einen allgemeinen Werteunterricht in Kombination mit Islamkunde als Alternative zum Ethikunterricht. Die neutrale Vermittlung von Kenntnissen über den Islam im Rahmen eines Ethikunterrichts besonderer Prägung bedeute keine Identifikation mit dem Islam. Damit dürfte keine Verletzung des staatlichen Neutralitätsgebots vorliegen, betonte der VerfGH. Die Einführung verstoße auch nicht gegen den Gleichheitssatz aus Art. 118 Abs. 1 BV. Infolge der Freiwilligkeit der Teilnahme, der fehlenden Beschränkung auf muslimische Schülerinnen und Schüler sowie der fehlenden Vergleichbarkeit der einzelnen Schülergruppen werde eine willkürliche Ungleichbehandlung anderer Personen beziehungsweise Religionsgemeinschaften weder dargelegt noch sei diese erkennbar. Da keine Teilnahmepflicht bestehe, sei auch keine Verletzung individueller Freiheitsrechte von Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern ersichtlich.

Öffentliches Interesse am vorläufigen Vollzug vorrangig

Bei der gebotenen Folgenabwägung sei dem öffentlichen Interesse am vorläufigen Vollzug der angegriffenen Normen klar der Vorrang einzuräumen. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass auch im Fall eines Erfolgs der Popularklage durch die Abweisung des Eilantrags kein irreversibler Schaden entstehen würde.

Redaktion beck-aktuell, 27. August 2021.