Beamtengewerkschaften mit Eilantrag gegen Bayerisches Lobbyregistergesetz erfolglos

Die Vorschriften des Bayerischen Lobbyregistergesetzes bleiben vorerst ausnahmslos gegenüber den sogenannten Beamtengewerkschaften anwendbar, die im Bayerischen Beamtenbund e. V. organisiert sind. Die Beamtengewerkschaften, die sich unter anderem in Bezug auf die Registrierpflicht gegenüber Angestelltengewerkschaften benachteiligt sehen, scheiterten mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in einem Popularklageverfahren vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof.

Registerpflicht mit Ausnahmen

Das am 01.01.2022 in Kraft getretene Bayerische Lobbyregistergesetz normiert für Interessenvertreter eine Registrierungspflicht, wenn diese Interessenvertretung gegenüber dem Landtag oder der Staatsregierung betreiben wollen. Der Registerinhalt wird auf der Internetseite des Landtags veröffentlicht. Von der Registerpflicht bestehen Ausnahmen. Insbesondere unterliegt die Interessenvertretung im Rahmen der Tätigkeit der Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen, soweit sie ihre "Funktion als Tarifpartner" wahrnehmen, und im Rahmen der Tätigkeit der Spitzenorganisationen nach Art. 16 des Bayerischen Beamtengesetzes keiner Registrierungspflicht. Zu den einzutragenden Daten gehören unter anderem die Mitgliederzahl, die Anzahl der Beschäftigten, die mit der Interessenvertretung unmittelbar beauftragt sind, sowie jährliche finanzielle Aufwendungen mit Personalkosten im Bereich der Interessenvertretung und Jahresabschlüsse oder Rechenschaftsberichte von juristischen Personen, falls keine handelsrechtlichen Offenlegungspflichten bestehen. Bei glaubhafter Darlegung eines schutzwürdigen überwiegenden Interesses kann im Einzelfall die Angabe der registerpflichtigen Daten zu den finanziellen Verhältnissen verweigert werden. Die registrierten Vereinigungen sind an einen vom Landtag und der Staatsregierung beschlossenen Verhaltenskodex zu den Grundsätzen integrer Interessenvertretung gebunden. Für Verstöße sind Sanktionen einschließlich einer Ahndung als Ordnungswidrigkeit vorgesehen.

Nicht tariffähige Beamtengewerkschaften greifen Registrierpflicht an

Die Antragsteller sind der Auffassung, dass Art. 1 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b sowie Art. 3, 5 und 6 BayLobbyRG teilweise verfassungswidrig sind, da sie eine Registerpflicht für Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen auch dann vorsehen, wenn sie – außerhalb der Wahrnehmung der "Funktion als Tarifpartner" – Einfluss auf Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen nehmen. Durch die Vorschriften werde das Grundrecht der Koalitionsfreiheit (Art. 170 Abs. 1 BV) verletzt. Die Antragsteller möchten als Beamtengewerkschaften, die im Wesentlichen nicht selbst tariffähig sind, Kontakt zum Landtag und zur Staatsregierung aufnehmen können, ohne sich registrieren zu müssen. Die angegriffenen Bestimmungen verstießen auch gegen den Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV), da Beamtengewerkschaften gegenüber Angestelltengewerkschaften, Parteien und Religionsgemeinschaften ohne sachliche Rechtfertigung ungleich behandelt würden. Durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung wollen sie sichergestellt haben, dass die angegriffenen Normen bis zum Erlass der Entscheidung in der Hauptsache unanwendbar bleiben.

VerfGH lehnt einstweilige Anordnung nach Interessenabwägung ab

Das BVerfG hat mit Entscheidung vom 17.01.2022 (Az.: 1 BvR 2727/21) eine von den Antragstellern im Dezember 2021 dort eingereichte Verfassungsbeschwerde in gleicher Sache (nebst einem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes) nicht zur Entscheidung angenommen und die Antragsteller wegen des Grundsatzes der Subsidiarität des verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes auf den insoweit vorrangigen fachgerichtlichen Rechtsschutz verwiesen. Der VerfGH Bayern hat nun am 05.04.2022 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es sei zwar von offenen Erfolgsaussichten der Popularklage auszugehen. Die danach erforderliche Folgenabwägung ergebe jedoch, dass die Nachteile, die durch den Vollzug der angegriffenen Vorschriften drohen, hinter dem öffentlichen Interesse am sofortigen Normvollzug zurückstehen müssen.

Popularklage weder offensichtlich erfolgversprechend noch offensichtlich aussichtslos

Bei überschlägiger Prüfung könne weder von offensichtlichen Erfolgsaussichten noch von einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit der Popularklage ausgegangen werden. Es sei als offen zu beurteilen, ob die angegriffenen Regelungen die Grenzen überschreiten, die Art. 170 Abs. 1 BV (Koalitionsfreiheit) der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers setzt. Insbesondere sei die Reichweite der im Gesetz geregelten Ausnahmeregelungen (Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b und c BayLobbyRG) unklar. Den Gesetzgebungsmaterialien lasse sich nicht eindeutig entnehmen, ob nach dem Willen des Gesetzgebers auch die Interessenvertretung im Rahmen der Einflussnahme auf Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände von der Registerpflicht ausgenommen werden sollte oder ob die bewusst eng gefassten Ausnahmetatbestände als mit Art. 170 BV vereinbar angesehen wurden. Gründe für eine Beschränkung der Ausnahme in Art. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c BayLobbyRG auf die Spitzenorganisationen der Beamtengewerkschaften lägen nicht auf der Hand. Es gehöre zu einem demokratischen Willensbildungsprozess, dass jede Interessenvertretung ihre spezifischen Kenntnisse, Erfahrungen und rechtspolitischen Vorstellungen einbringen kann.

Auch VerfGH hält vorrangiges Anrufen der Fachgerichte für zumutbar

Im Rahmen der vorzunehmenden Folgenabwägung ergibt sich laut VerfGH Bayern, dass die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe angesichts der strengen Maßstäbe nicht so gewichtig sind, dass sie im Interesse der Allgemeinheit eine einstweilige Anordnung zur Abwehr schwerer Nachteile unabweisbar machen würden. Insbesondere erscheine es den Antragstellern zumutbar, im Hinblick auf verschiedene Unklarheiten der gesetzlichen Regelung, auf die auch das BVerfG im Beschluss vom 17.01.2022 hingewiesen hat, vor Inanspruchnahme verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes zunächst fachgerichtlichen Rechtsschutz zu suchen. Die Außervollzugsetzung eines Gesetzes stelle per se einen erheblichen Eingriff in die originäre Zuständigkeit des Gesetzgebers dar. Zwar gelte für die Popularklage – anders als für die bundesrechtliche Rechtssatzverfassungsbeschwerde – nicht der Grundsatz der Subsidiarität. Der grundsätzliche Vorrang der fachgerichtlichen Klärung des Inhalts einer einfachgesetzlichen Regelung sei aber jedenfalls im Rahmen der engen Voraussetzungen für die Gewährung verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes zu berücksichtigen.

Britta Weichlein, Redaktion beck-aktuell, 7. April 2022.