Verletzung des Rechts auf gesetzlichen Richter durch Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat eine Naturschutz-Stiftung durch Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in einem Verfahren um eine grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigung in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt. Dies hat der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg auf Verfassungsbeschwerde der Stiftung entschieden und den OLG-Beschluss insoweit aufgehoben. Das OLG muss nun neu über die Zulassung der Rechtsbeschwerde entscheiden.

Naturschutz-Stiftung wandte sich gegen Nichtzulassung der Revision

Der Beschwerdeführerin war eine nach dem Agrarstrukturverbesserungsgesetz (ASVG) erforderliche Genehmigung für den Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke versagt worden. Ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem AG blieb ohne Erfolg, die anschließende Beschwerde wies das OLG Karlsruhe (BeckRS 2017, 164545) zurück. Die Rechtsbeschwerde ließ das OLG nicht zu. Unter anderem dies rügte die Beschwerdeführerin mit ihrer Verfassungsbeschwerde. Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde verletze ihr Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 2 Abs. 1 LV Baden-Württemberg in Verbindung mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

VerfGH: Beschwerdefähigkeit gegeben

Die Verfassungsbeschwerde ist laut VerfGH zulässig und begründet, soweit mit ihr die Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter gerügt wird. Die Beschwerdeführerin sei als juristische Person des Privatrechts beschwerdefähig. Nach § 55 Abs. 1 VerfGHG Baden-Württemberg sei "jeder" beschwerdefähig, der Träger des von ihm geltend gemachten Rechts sein könne. Voraussetzung für die Beschwerdefähigkeit sei damit die Grundrechtsfähigkeit. Diese richte sich auch für die Grundrechte der Landesverfassung nach Art. 19 Abs. 3 GG, da die Verweisung auf die Grundrechte des Grundgesetzes in Art. 2 Abs. 1 LV Baden-Württemberg auch diese Regelung erfasse und dadurch in das Landesverfassungsrecht transferiere. Demnach gölten Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar seien. Dies sei bei den hier mit der Verfassungsbeschwerde geltend gemachten Grundrechten der Fall.

Sitz außerhalb Baden-Württembergs steht nicht entgegen

Unerheblich sei, dass die Beschwerdeführerin ihren Sitz nicht in Baden-Württemberg hat. So wie die als "Deutschen-Grundrechte" formulierten Grundrechte des Grundgesetzes auch nach ihrer landesverfassungsrechtlichen Rezeption allen Deutschen Grundrechtsschutz gewährten und sich nicht nur auf Angehörige des Landes bezögen, erfasse auch das Merkmal der "inländischen" juristischen Person aus Art. 19 Abs. 3 GG nach seiner Übernahme in Landesrecht alle Organisationen mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland.

Recht auf gesetzlichen Richter verletzt

Die Verfassungsbeschwerde sei auch begründet, so das Gericht weiter. Art. 2 Abs. 1 LV Baden-Württemberg in Verbindung mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten dem Einzelnen das Recht auf den gesetzlichen Richter. Dieser ergebe sich aus dem Gerichtsverfassungsgesetz, den Prozessordnungen sowie den Geschäftsverteilungs- und Besetzungsregelungen des Gerichts. Der gesetzliche Richter könne auch dadurch entzogen werden, dass ein Gericht der gesetzlich vorgesehenen Pflicht zur Zulassung eines Rechtsmittels nicht nachkommt. Das OLG habe die Zurückweisung der Beschwerde und damit die Bestätigung der Versagung der Genehmigung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ASVG tragend darauf gestützt, dass die Beschwerdeführerin zum einen kein anerkannter Naturschutzverband im Sinn des § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) sei und zum anderen weder der Erwerb des Grundstücks noch ihr Projekt mit öffentlichen Mitteln finanziell gefördert werde. Hinsichtlich beider Aspekte ergebe sich aus der angegriffenen Entscheidung nicht hinreichend nachvollziehbar, warum die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden sei, obwohl die Zulassung nahegelegen hätte. Im Übrigen wurde die Verfassungsbeschwerde mangels Zulässigkeit zurückgewiesen.

Redaktion beck-aktuell, 15. Februar 2022.