Streit um Bestandsspielhallenverbot wegen Unterschreitung des Mindestabstands
Mit ihren Verfassungsbeschwerden wenden sich die Beschwerdeführerinnen gegen die vorinstanzlich versagte Gewährung von Eilrechtsschutz. Im Verfahren 1 VB 98/19 wird im Wesentlichen beanstandet, dass dem Betrieb die Unterschreitung des Mindestabstands von 500 Metern zu solchen Spielhallen entgegengehalten wurde, denen zuvor befristete Härtefallerlaubnisse erteilt worden waren, ohne dass die Behörden ein verfassungsrechtlich gebotenes Auswahlverfahren zwischen räumlich konkurrierenden Spielhallen durchgeführt hätten. Beide Verfassungsbeschwerden richten sich dagegen, dass den Betrieben im Weg der sogenannten Zäsur-Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg die Unterschreitung des Mindestabstands zu Kinder- und Jugendeinrichtungen vorgehalten wird, obwohl sie nach Auffassung der Beschwerdeführerinnen der insoweit privilegierenden Übergangsregelung für Altspielhallen unterfallen.
VerfGH gibt Verfassungsbeschwerden statt
Der Verfassungsgerichtshof hat den Verfassungsbeschwerden stattgegeben. Die angegriffenen Eilentscheidungen verletzten die Beschwerdeführerinnen in ihrem Recht auf einen chancengleichen Zugang zu einer begrenzt zugänglichen beruflichen Tätigkeit aus Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Im Verfahren 1 VB 98/19 liege der Verfassungsverstoß in der gerichtlichen Billigung des behördlichen Vorgehens, vor Durchführung des Auswahlverfahrens bezogen auf jede einzelne Spielhalle das Vorliegen eines Härtefalls zu prüfen und Spielhallen, bei denen ein Härtefall angenommen worden ist, sodann ohne ein weiteres Auswahlverfahren den Vorzug vor solchen ohne eigene Härtefallerlaubnis einzuräumen. Die Erteilung einer Härtefallerlaubnis zugunsten der mit der Beschwerdeführerin im Wettbewerb stehenden Betreiberin entbinde nicht von der verfassungsrechtlich gebotenen Durchführung eines Auswahlverfahrens zwischen Konkurrenzspielhallen.
Recht auf chancengleiche Berufsausübung verletzt
Die Beschwerdeentscheidungen verletzten zudem das Recht beider Beschwerdeführerinnen auf einen chancengleichen Zugang zu einer begrenzt zugänglichen beruflichen Tätigkeit, da sie ihnen ohne hinreichenden Grund den gesetzlich eingeräumten Vertrauensschutz gegenüber der Anwendung des Abstandsgebots zu Kinder- und Jugendeinrichtungen versagten und deren Spielhallen damit von vornherein von der Teilnahme an dem durchzuführenden Auswahlverfahren ausschlössen. § 51 Abs. 5 Satz 5 LGlüG normiere aus Gründen des Vertrauensschutzes eine zeitlich unbegrenzte Privilegierung von Altspielhallen gegenüber Neuvorhaben. Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der dadurch vermittelte Schutz in das Vertrauen in die frühere Rechtslage ohne Mindestabstandsgebot bestehe nur im Falle einer "nahtlosen Fortschreibung2 der Erlaubnis, sei zwar verfassungsrechtlich vertretbar.
Unbefristeter Vertrauensschutz für Altspielhallen
Das schutzwürdige Vertrauen auf die Fortgeltung der bisherigen Rechtslage entfalle aber nicht schon dann, wenn nach Versagung oder Ablauf einer glücksspielrechtlichen Härtefallerlaubnis oder Duldung keine ausdrückliche weitere behördliche Duldung des Spielhallenbetriebs erteilt werde und sie nicht rechtzeitig um gerichtlichen Eilrechtsschutz ersuchen. Beantragten Betreiber rechtzeitig eine Erlaubnis, hätten sie das ihnen Mögliche getan, um eine Fortschreibung zu erreichen. Ob sie auch um Eilrechtsschutz ersuchen, sei lediglich von Bedeutung für die Frage des tatsächlichen Weiterbetriebs der Spielhalle und liege damit in deren unternehmerischen Ermessen.