Eilantrag im Organstreitverfahren
Gegenstand des Organstreitverfahren ist die Frage, ob der Landtag durch die Gesetzesänderung das freie Abgeordnetenmandat aus Art. 27 Abs. 3 BWLV und den Anspruch der Abgeordneten auf angemessene Entschädigung aus Art. 40 Satz 1 BWLV sowie das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip aus Art. 23 Abs. 1 BWLV - insbesondere den Grundsatz der Öffentlichkeit - verletzt hat. Die Organklage war mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden, die zum Ziel hatte, die Gesetzesänderung bis zur Entscheidung über die Hauptsache einstweilen außer Kraft zu setzen.
Gericht verweist auf geringes Gewicht möglicher finanzieller Auswirkungen
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde jetzt einstimmig als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen. Bereits die Folgenabwägung ergebe, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung offensichtlich nicht vorliegen. Hätte die Organklage in der Hauptsache Erfolg, obwohl der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen wurde, hätte dies zur Folge, dass das Land auf verfassungswidriger Grundlage Zahlungen geleistet hätte. Diese bloß finanziellen Auswirkungen eines fristgerechten Inkrafttretens des Gesetzes würden bereits bei isolierter Betrachtung nicht das besondere Gewicht besitzen, dessen es bedürfte, um ein vom Parlament beschlossenes Gesetz vorläufig außer Kraft zu setzen. Dabei könne dahinstehen, ob im Fall der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes eine Rückzahlung der den Abgeordneten auf seiner Grundlage zur Verfügung gestellten Mittel rechtlich durchsetzbar wäre.
Verbesserung der Wahlkreisarbeit vorläufig aufgeschoben
Würde dagegen die beantragte einstweilige Anordnung ergehen und Art. 1 Nr. 2 Buchst. a und b des Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes vom 22. Februar 2017 (GBl. S. 77) einstweilen außer Kraft gesetzt oder dem Landtag seine Vollziehung untersagt, würde die vom Landtag für erforderlich gehaltene Verbesserung der Wahlkreisarbeit und der Zuarbeit durch Mitarbeiter vorläufig aufgeschoben. Eine fachlich qualifizierte Zuarbeit sei für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Abgeordneten in der parlamentarischen Demokratie aber von erheblicher Bedeutung. Gleiches gelte für die Betreuung der Wahlkreise, die der notwendigen Rückkoppelung des repräsentativen Mandats zum Bürger während der Legislaturperiode diene.
Besondere Dringlichkeit fehlt
Abgesehen davon fehlte es an der besonderen Dringlichkeit der vom Antragsteller begehrten einstweiligen Anordnung. Räpple habe den Antrag gegen das am 01.05.2015 in Kraft tretende Gesetz, das am 03.03.2017 im Gesetzblatt verkündet wurde, erst mit Schriftsatz vom 21.04.2017 erhoben. Diesen habe er nicht etwa per Fax, sondern allein per Post übermittelt, so dass der Eilantrag erst am 24.04.2017 beim VerfGH einging.
Handlungsfreiheit nicht beeinträchtigt
Auch die vom Politiker erhobene Verfassungsbeschwerde hatte vor dem VerfGH keinen Erfolg. Die den Abgeordneten gewährte Aufwandsentschädigung stelle als solche keine Beeinträchtigung seiner allgemeinen Handlungsfreiheit als Bürger dar. Befürchte er, die ihm nach § 6 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 AbgG zu gewährenden Aufwandsentschädigungen irgendwann wieder zurückzahlen zu müssen, könne er eine etwaige Belastung dadurch vermeiden, dass er die nach seiner Meinung verfassungswidrigen Anteile der Entschädigung nicht verbrauche. Soweit der Beschwerdeführer im Übrigen eine Verletzung des aus dem Demokratieprinzip und dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Öffentlichkeitsgrundsatzes behauptet, handele es sich um kein subjektives Recht im Sinne von § 55 Abs. 1 BWVerfGHG, das mit der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden könne, betonte der Gerichtshof.