AfD muss Ex-Mitglied keine Rechtsanwaltskosten erstatten

Der ehemalige AfD-Politiker Heinrich Fiechtner bleibt auf den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die ihm im Zusammenhang mit einem Organstreitverfahren entstanden sind, sitzen. Der gegen die AfD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag gerichtete Antrag des mittlerweile parteilosen Landtagsabgeordneten auf Kostenerstattung sei unzulässig, entschied der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Urteil vom 06.07.2020.

Redeverbot und Abberufung Fiechtners aus zwei Ausschüssen waren rechtswidrig

Der Antragsteller begehrt die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, die ihm im Vorfeld des Organstreitverfahrens 1 GR 35/17 entstanden sind. Darin hatte sich der Antragsteller erfolgreich gegen ein "Redeverbot für die Fraktion im Plenum" sowie die Abberufung aus zwei Ausschüssen durch die Antragsgegnerin gewehrt. Mit Urteil vom 27.10.2017 hatte der VerfGH Baden-Württemberg festgestellt, dass die angegriffenen Maßnahmen das freie Mandat des Antragstellers aus Art. 27 Abs. 3 Satz 2 LV verletzten, da die fraglichen Beschlüsse der Antragsgegnerin gegen zwingende Verfahrensanforderungen, insbesondere die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs, verstießen (NVwZ-RR 2018, 129). Der Antragsteller ist der Ansicht, dass die Antragsgegnerin aufgrund dieser Rechtsverletzung verpflichtet sei, ihm die durch seine vorgerichtliche Interessenwahrnehmung entstandenen Rechtsanwaltskosten zu erstatten.

VerfGH: Leistungsbegehren via Organstreit unzulässig

Der VerfGH Baden-Württemberg hält das Organstreitverfahren für unzulässig. Der Antrag Fiechtners auf Kostenerstattung enthalte kein zulässiges Begehren. Das Organstreitverfahren sei nicht das Verfahren zur Klärung aller Streitigkeiten, die taugliche Beteiligte untereinander haben. Eine Leistung könne in diesem Verfahren nicht begehrt werden.

Antragsbefugnis nicht schlüssig dargelegt

Ferner habe Fiechtner seine nach § 45 Abs. 1 und 2 VerfGHG erforderliche Antragsbefugnis nicht schlüssig dargelegt. Die Zulässigkeit eines Antrags im Organstreitverfahren setze voraus, dass der Antragsteller geltend macht, dass er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Handlung oder Unterlassung des Antragsgegners in der Wahrnehmung seiner ihm durch die Verfassung übertragenen Rechte und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist. Der Antrag müsse die Bestimmung der Verfassung bezeichnen, gegen welche die beanstandete Handlung oder Unterlassung des Antragsgegners verstößt. Diesen Vorgaben genüge der Antrag nicht. Dem Vorbringen des Antragstellers sei nicht im Ansatz zu entnehmen, dass ihm von Verfassungs wegen ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zustehe und warum er durch die Weigerung der Antragsgegnerin, ihm diese Kosten zu erstatten, in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt sei.

Vermögen eines Verfassungsorgans oder -organteils nicht geschützt

Im Übrigen sei auch nicht ersichtlich, dass Fiechtner der geltend gemachte Erstattungsanspruch zustehe. Im Vordergrund der Rechtsbeziehungen zwischen Verfassungsorganen und -organteilen, die im Organstreitverfahren beteiligtenfähig sind, stehe die durch Organisations- und Kompetenzvorschriften ausgestaltete gemeinsame Teilhabe an der Staatsleitung. Geschützt würden also etwa Zuständigkeiten und Verfahrensrechte, nicht aber "das Vermögen" des betroffenen Verfassungsorgans oder -organteils, betont der VerfGH. Finanzielle Aufwendungen, die durch ihre Geltendmachung gegenüber anderen Verfassungsorganen entstehen, seien daher grundsätzlich selbst zu tragen.

VerfGH BW, Urteil vom 06.07.2020 - 1 GR 53/18

Redaktion beck-aktuell, 27. Juli 2020.

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