Keine Erleichterungen für Volksbegehren wegen Corona-Pandemie

Unterschriftensammlungen für Volksbegehren müssen während der Corona-Pandemie nicht vereinfacht werden. Mit einem am Freitag bekannt gewordenen Beschluss hat das brandenburgische Verfassungsgericht einen entsprechenden Eilantrag abgelehnt. Im konkreten Fall ging es um das Volksbegehren zur Abschaffung der Erschließungsbeiträge für "Sandpisten", für das die Unterschriftensammlung am 12.10.2021 begonnen hat.

80.000 Unterschriften erforderlich

Für ein Volksbegehren sind nach der Landesverfassung 80.000 Unterschriften erforderlich, die innerhalb von sechs Monaten zu sammeln sind. Nach dem Volksabstimmungsgesetz (VAGBbg) müssen die Unterschriften durch Eintragung in amtliche Eintragungslisten, die bei den Abstimmungsbehörden ausliegen, oder vor einem Notar oder einer anderen zur Beglaubigung ermächtigten Stelle erbracht werden. Alternativ kann eine Eintragung per Brief erfolgen, wobei die Unterlagen hierzu schriftlich oder mündlich bei der Abstimmungsbehörde beantragt werden können. Dafür genügt beispielsweise auch eine E-Mail oder ein Telefax, wenn der Antrag das Geburtsdatum enthält.

Erschwerte Bedingungen befürchtet

Die Antragsteller sehen diese Sammlung von Unterschriften durch die vorherrschende Sars-CoV-2-Pandemie in einem Ausmaß als erschwert an, dass die Verfassung des Landes Brandenburg (LV) und sie in ihrem Recht auf politische Mitgestaltung und Beteiligung an Volksbegehren verletze. Die Angst vor Infektionen könne Bürger von der Eintragung abhalten; zudem könne es trotz der Impfkampagne in den Wintermonaten wieder zu Kontaktbeschränkungen in Innenräumen kommen. Auch hätten viele Rathäuser geschlossen beziehungsweise würden nur nach vorheriger Terminvergabe öffnen, außerdem lägen noch nicht in allen Abstimmungsbehörden die für die briefliche Abstimmung erforderlichen Unterlagen vor.

Eintragung alternativ auf öffentlichen Straßen?

Da die Anzahl der Stimmen und der Zeitraum der Sammlung bereits durch die Landesverfassung vorgegeben werden, begehrten die Antragsteller Erleichterungen gegenüber der im VAGBbg vorgesehenen Form. Insbesondere solle es möglich sein, eine Eintragung auch in nichtamtlichen Räumen sowie auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen vorzunehmen. Die Antragsteller meinen, der Gesetzgeber hätte tätig werden müssen. Der Landtag hatte aber bereits entsprechende Änderungsvorschläge abgelehnt.

Keine Verletzung des Rechts auf politische Mitgestaltung

Mit Beschluss vom 25.10.2021 hat das LVerfG den auf die Erleichterung der Erbringung der Unterschriften gerichteten Eilantrag abgelehnt. Das Vorbringen der Antragsteller lasse nicht hinreichend erkennen, dass die vom Gesetzgeber unterlassene Anpassung der Bestimmungen über das Eintragungsverfahren bei Volksbegehren im VAGBbg an die Bedingungen der Corona-Pandemie eine Verletzung des Rechts der Antragsteller auf politische Mitgestaltung nach Art. 21 Abs. 1 LV sowie des Rechts auf Beteiligung an Volksbegehren gemäß Art. 22 Abs. 2 S. 1 LV zu begründen vermag, so die Begründung.

Weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum

Dem Landtag stehe bei der Ausgestaltung des Verfahren zum Volksbegehren ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu. Dass seine Entscheidung, die Vorschriften trotz der geänderten Verhältnisse bestehen zu lassen, nicht mehr vom gesetzgeberischen Ermessen gedeckt wäre, sei nicht ersichtlich. Ohne Zweifel könnten die vorherrschende Pandemie sowie die hierzu ergriffenen Schutzmaßnahmen (beispielsweise geänderte Öffnungszeiten der Rathäuser oder Bürgerservice nur mit Terminvereinbarung) beschränkende Wirkung bei der Sammlung von Unterschriften für ein politisches Anliegen entfalten.

Kontaktlose Unterstützung "von zuhause" möglich

Es bestehe allerdings bei einem Volksbegehren mit der brieflichen Eintragung die Möglichkeit der kontaktlosen Unterstützung des Volksbegehrens "von zuhause" aus. Die formalen Anforderungen an die Beantragung der brieflichen Eintragung seien mit der Möglichkeit der Beantragung beispielsweise durch E-Mail oder Telefax niederschwellig ausgestaltet. Eine unzumutbare Erschwernis bei der Ausübung des auf politische Mitgestaltung liege darin nicht. Das gleiche gelte für eine gegebenenfalls erforderliche telefonische Vorab-Terminvereinbarung für die Wahrnehmung einer persönlichen Eintragung im Rathaus und noch behebbare Lieferengpässe bei der Versorgung einzelner Gemeinden mit Briefeintragungsunterlagen.

VerfG Brandenburg, Beschluss vom 25.10.2021 - 17/21

Redaktion beck-aktuell, 29. Oktober 2021.