Brandenburgisches kommunales Notlagegesetz verfassungswidrig

Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg hat das Brandenburgische kommunale Notlagegesetz (BbgKomNotG) für verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber habe mit § 2 BbgKomNotG eine Ermächtigung zum Erlass gesetzesändernder Verordnungen beschlossen, teilte das Gericht am Freitag mit. Diese sei im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung problematisch.

Besondere Ermächtigung während Corona-Pandemie

Der Landtag Brandenburg hatte während der Corona-Pandemie den Minister des Innern und für Kommunales im April 2020 gesetzlich ermächtigt, durch Erlass einer Rechtsverordnung Abweichungen von einer Vielzahl von Regelungen der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf) durch die Kommunen zuzulassen. Damit sollten kommunale Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten unter den Bedingungen der SARS-CoV-2-Pandemie gewährleistet werden. Die dem Minister möglichen Regelungen betrafen unter anderem die Übertragungsmöglichkeit von durch die BbgKVerf der Gemeindevertretung in ausschließlicher Zuständigkeit zugewiesenen Entscheidungsbefugnissen auf den Hauptausschuss, haushaltsrechtliche Vorgaben, den Ablauf von Sitzungen der Kommunalvertretung (beispielsweise Video- und Telefonkonferenzen), die Möglichkeit, Entscheidungen im schriftlichen Umlaufverfahren zu treffen, und die Verschiebung bereits angesetzter Kommunalwahlen. Die Vorschrift trat am 16.04.2020 in Kraft und sollte zunächst bis zum 30.09.2020 gelten, wurde aber bis zum 30.06.2021 verlängert.

Grundsatz der Gewaltenteilung legt Grenzen fest

Mit ihrem Normenkontrollantrag hatten 23 Mitglieder des Landtags Brandenburg, die der AfD-Fraktion angehören, das BbgKomNotG im Februar 2021 zur Überprüfung gestellt. Das LVerfG hat nunmehr einen Verstoß gegen die Verfassung des Landes festgestellt. Der Gesetzgeber habe mit der Regelung des § 2 BbgKomNotG eine Ermächtigung zum Erlass gesetzesändernder Verordnungen erteilt. Für eine solche "gesetzesändernde" Verordnung ergäben sich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 2 Abs. 4 LV) Grenzen. Dies gelte insbesondere bei Ausformung der Grundprinzipien des demokratischen Gemeinwesens auch für die kommunale Ebene, die grundsätzlich ein Handeln des Parlamentsgesetzgebers erfordere.

Gewichtsverschiebung zwischen gesetzgebender und exekutiver Gewalt

§ 2 BbgKomNotG habe dem Verordnungsgeber die Möglichkeit eröffnet, durch freie Entscheidung über das (auch kumulativ mögliche) Außerkraftsetzen wesentlicher Vorschriften der Kommunalverfassung weitreichende Veränderungen des gesetzlich ausgeformten Bilds kommunaler Selbstverwaltung zu bewirken. Dies habe zu einer nicht mehr mit der Verfassung des Landes zu vereinbarenden Gewichtsverschiebung zwischen gesetzgebender und exekutiver Gewalt geführt. Der Gesetzgeber hätte den Umfang und die Voraussetzungen der Abweichungsmöglichkeiten dem Verordnungsgeber in einer Art Handlungsprogramm vorgeben müssen.

Bestimmtheitsanforderungen verletzt

Mit der umfangreichen Übertragung der Befugnis auf den Verordnungsgeber, die Anwendung gesetzlicher Regelungen der BbgKVerf außer Kraft zu setzen, habe der Gesetzgeber zudem nicht den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Satz 2 LV genügt, wonach Inhalt Zweck und Ausmaß der Ermächtigung in der gesetzlichen Regelung bestimmt sein müssen. Wie das LVerfG betonte, hat es die Vorschrift nicht für nichtig, sondern für mit der LV für unvereinbar erklärt. Rechtsakte, die direkt oder indirekt auf dem BbgKomNotG und der daraufhin erlassenen Verordnung beruhen, gelten daher fort.

VerfG Bbg, Beschluss vom 17.02.2023 - VfGGbg 10/21

Redaktion beck-aktuell, 24. Februar 2023.