Verfassungsschutzchef Maaßen fordert "nötige Werkzeuge gegen Terror"

Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen fordert angesichts der Bedrohung durch den islamistischen Terror mehr Befugnisse und neue Strukturen für die deutschen Sicherheitsbehörden. "Es ist notwendig, dass Sicherheitslücken geschlossen werden“, sagte Maaßen am 29.05.2017 bei einem Verfassungsschutz-Symposium in Berlin. Die Sicherheitsbehörden müssten die nötigen Werkzeuge an die Hand bekommen.

Maaßen: Deutschland in Priorität des IS nach oben gerückt

Die Gefahr durch islamistische Anschläge bleibt laut Maaßen auf hohem Niveau und wird eher noch zunehmen. Die Terrormiliz IS sei in Syrien und im Irak zwar auf dem Rückzug, habe aber nach wie vor den Willen und die Kraft zu Anschlägen in Europa. Deutschland sei in der Priorität des IS auch nach oben gerückt, erklärte der Verfassungschef. Maaßen mahnte, auch Al-Kaida könnte versuchen, seinen Reputationsverlust durch neue, spektakuläre Anschläge wettzumachen.

Strukturen im deutschen Sicherheitsapparat veraltet

Auch beklagte Maaßen, dass viele Strukturen im deutschen Sicherheitsapparat noch aus vergangenen Jahrzehnten stammten. "Heute haben wir es mit einem anderen Terrorismus zu tun." Es gebe zahlreiche Tätertypen und Terror-Szenarien. Auch neue Radikalisierungswege über soziale Netzwerke, Internet-Blogs und Messenger-Dienste seien eine Herausforderung. Bei den Sicherheitsbehörden gebe es angesichts der neuen Bedrohungen "Ertüchtigungsbedarf". Geheimdienste könnten Informationen nur dann weitergeben, wenn sie diese hätten. "Eine Fußfessel braucht immer auch einen Fuß, der uns bekannt ist.“

Änderungsbedarf bei der Sicherheitsarchitektur und dem Datenschutz

Maaßen sagte, der Änderungsbedarf betreffe die Sicherheitsarchitektur ebenso wie datenschutzrechtliche Fragen. Er unterstützte unter anderem den Vorstoß von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) für eine zentrale Steuerung der Verfassungsschutzämter durch den Bund. Außerdem müsse die Sammlung von Informationen verbessert werden, auch aus dem Umfeld von Verdächtigen. Wenn es zum Beispiel Hinweise gebe, dass ein Rückkehrer aus einem Kampfgebiet mit Anschlagsplänen in einem Flugzeug aus Istanbul auf Platz 28 A sitze, dann müssten die Geheimdienste auch wissen, wer auf Platz 28 B sitze. Diese Fragen müssten ohne Tabus diskutiert werden.

Bundesinnenminister für "Maß und Mitte"

Mit Blick auf die Sicherheitsdebatte warb Bundesinnenminister Thomas de Maizière für "Maß und Mitte“. Er betonte, mehr Befugnisse für Polizei und Geheimdienste bedeuteten keine generelle Einschränkung der Freiheit der Bürger. Es gebe keinen prinzipiellen Gegensatz zwischen Sicherheit und Freiheit. Den Sicherheitsbehörden mehr Befugnisse zu geben, bedeute nicht, die Freiheit aller Bürger einzuschränken. Mehr Befugnisse für Polizei und Geheimdienste bedeuteten aber auch nicht per se weniger Anschläge. Der Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, mahnte dagegen, eine grundlegende Verschiebung von Freiheit zu Sicherheit dürfe es nicht geben. Probleme gebe es ohnehin eher auf der Vollzugs- als auf der Gesetzesebene.

Redaktion beck-aktuell, 30. Mai 2017 (dpa).

Mehr zum Thema