Verfassungsschutzbericht 2021 vorgestellt: Steigende Zahl von Extremisten
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© Wolfgang Kumm / dpa

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat heute gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, in der Bundespressekonferenz in Berlin den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2021 vorgestellt. Der Bericht weist eine steigende Zahl von Extremisten in fast allen Phänomenbereichen aus. Deutliche Zunahmen gibt es auch bei Cyberangriffen und Einflussnahmen ausländischer Staaten.

Anstieg politisch motivierter Straftaten

Für das Jahr 2021 wurden insgesamt 33.476 politisch motivierte Straftaten mit extremistischem Hintergrund ausgewiesen (2020: 32.924). Davon waren 2.994 (2020: 2.707) Gewalttaten. Im Rechtsextremismus ist das Personenpotenzial weiter angewachsen und liegt bei 33.900 (2020: 33.300). Auch der Anteil der gewaltbereiten Rechtsextremisten ist abermals auf nunmehr 13.500 (2020: 13.300) gestiegen. Ziel von Rechtsextremisten blieb laut Bericht auch im Jahr 2021 die Anschlussfähigkeit an bürgerlich-demokratische Kreise. Dazu hätten sie zum Beispiel die Proteste gegen die staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen oder die Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz instrumentalisiert. Die Verbreitung antisemitischer sowie verschwörungsideologischer Narrative sei im Zuge der Corona-Pandemie verstärkt worden. Die rechtsextremistische Szene vernetze und radikalisiere sich weiter im Internet.

Mehr “Reichsbürger“ und “Selbstverwalter“

Das Personenpotenzial der “Reichsbürger“ und “Selbstverwalter“ ist laut Bericht im Vergleich zum Vorjahr erneut um 1.000 Personen auf insgesamt 21.000 angewachsen. Dieser Anstieg sei vor allem auf die Proteste gegen die staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen zurückzuführen, die eine erhöhte Dynamik und Aktivität in Teilen dieser Szene zur Folge hatten. Bis Ende 2021 seien mindestens 1.050 “Reichsbürgern und Selbstverwaltern“ die waffenrechtlichen Erlaubnisse entzogen worden. Gleichwohl bestehe weiterhin ein hohes Gewalt- und Gefährdungspotenzial durch Waffenbesitz.

Neuer Phänomenbereich “Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“

Das BfV hat im April 2021 den neuen Phänomenbereich “Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ eingerichtet. Die Akteure dieses Phänomenbereichs zielten darauf ab, wesentliche Verfassungsgrundsätze außer Geltung zu setzen oder die Funktionsfähigkeit des Staates oder seiner Einrichtungen erheblich zu beeinträchtigen. Hierzu betrieben sie eine zielgerichtete Verächtlichmachung des demokratischen Systems und seiner Funktionsträger. Die Angehörigen des Phänomenbereichs zielten auf die Radikalisierung und Mobilisierung von Teilen der Bevölkerung, um ihre eigene Agenda voranzubringen. Auch über die Corona-Pandemie hinausgehend würden Krisensituationen zur Delegitimierung des Staates genutzt.

Weniger Islamisten – Gefährdungspotenzial bleibt hoch

Das linksextremistische Personenpotenzial ist im Jahr 2021 auf insgesamt 34.700 Personen gestiegen (2020: 34.300), so Faeser und Haldenwang weiter. Mehr als jeder vierte Linksextremist sei als gewaltorientiert einzuschätzen. Linksextremisten reagierten äußerst aggressiv auf die Räumung von Szeneobjekten und verübten eine Vielzahl von Straf- und Gewalttaten. Im Vergleich zum Vorjahr ergebe sich im Bereich Islamismus/Islamistischer Terrorismus ein leicht verringertes Personenpotenzial von 28.290 Personen (2020: 28.715). Gleichwohl bestehe die Gefährdung durch den islamistischen Terrorismus in Deutschland unvermindert fort. Die Bedrohung in Deutschland und Europa gehe weiter vorwiegend von jihadistisch inspirierten oder angeleiteten Einzeltätern sowie Kleinstgruppen mit einfachen und leicht zu beschaffenden Tatmitteln aus.

Cyberangriffe und Einflussnahmen ausländischer Staaten

Das Personenpotenzial im auslandsbezogenen Extremismus belief sich laut Bericht im Jahr 2021 auf insgesamt 28.650 Personen und bleibt somit im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Die Hauptakteure der gegen Deutschland gerichteten Spionage, für nachrichtendienstlich gesteuerte Cyberangriffe, Proliferation und Einflussnahme seien mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten die Russische Föderation, die Volksrepublik China, die Islamische Republik Iran und die Republik Türkei. Vor allem Russland betreibe Einflussnahme, insbesondere durch Desinformation. Auch der Umfang politischer Spionage und Einflussnahmeaktivitäten durch China habe erheblich zugenommen.

Redaktion beck-aktuell, 7. Juni 2022.