Verfassungsschutzbericht 2020 vorgelegt
Lorem Ipsum
© Kay Nietfeld / dpa

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat heute mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, den Verfassungsschutzbericht 2020 vorgestellt. Mit 44.692 politisch motivierten Straftaten wurde der höchste Stand seit Einführung der Statistik registriert. Propagandadelikte stellen mit 15.275 den Großteil der registrierten Straftaten, sind aber rückläufig. Dagegen nimmt die politisch motivierte Gewaltkriminalität mit 3.365 Straftaten deutlich zu (+ 19%).

Anstieg rechtsextremistischer Straftaten

Der Kategorie "Politisch motivierte Kriminalität – rechts" wurden laut Bericht 23.604 (2019: 22.342) Straftaten zugeordnet, hiervon 13.659 (2019: 14.247) Propagandadelikte und 1.092 (2019: 986) Gewalttaten. Als Teilmenge dieser Kategorie wurden 22.357 (2019: 21.290) Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund erfasst, darunter waren 1.023 (2019: 925) Gewalttaten. Das rechtsextremistische Personenpotenzial sei 2020 angestiegen und liege bei 33.300 Personen (2019: 32.080), wovon rund 13.300 gewaltorientiert seien. Auch die rechtsextremistischen Straftaten seien um 5% angestiegen. Der Anstieg der Gewalttaten liege bei etwa 10%. Der Anstieg der “Reichsbürger und Selbstverwalter“ um 5% sei auf die Proteste rund um die Pandemie zurückzuführen. Die Corona-Schutzmaßnahmen würden von “Reichsbürgern und Selbstverwaltern“ aktiv für die Verbreitung ihrer Verschwörungserzählungen genutzt. Die Waffenaffinität vieler “Reichsbürger und Selbstverwalter“ bestehe dabei nach wie vor, die Entwaffnung dieser Szeneangehörigen bleibe daher prioritär: Den Sicherheitsbehörden sei es gelungen, fast 900 waffenrechtliche Erlaubnisse zu entziehen.

Neuer Höchststand auch bei linksextremistisch motivierten Straftaten

Der "Politisch motivierten Kriminalität – links" wurden 10.971 (2019: 9.849) Straftaten zugeordnet, hiervon 1.526 (2019: 1.052, +45,1%) Gewalttaten. In diesem Bereich wurden als Teilmenge 6.632 (2019: 6.449) Straftaten mit linksextremistischem Hintergrund erfasst, darunter 1.237 (2019: 921) Gewalttaten. Die Zahl der linksextremistisch motivierten Straftaten stieg damit um 2,8%, die Zahl der Gewalttaten um 34,3%. Das Personenpotenzial der linksextremistischen Szene sei im Jahr 2020 um 3% auf 34.300 Personen gestiegen, wovon etwa 9.600 Personen gewaltorientiert seien. Während linksextremistische Aktionen früher im Rahmen von demonstrationsbezogenen Großereignissen vorherrschten, seien in den letzten Jahren zunehmend planvolle und klandestine Kleingruppenaktionen der gewaltorientierten linksextremistischen Szene feststellbar.

Islamismus bleibt weiterhin gefährlich

Der Islamismus bleibe weiterhin eine Gefahr für unsere freie, offene und demokratische Gesellschaft, so Seehofer und Haldenwang. Die zahlenmäßig bedeutendste islamistische Strömung sei der Salafismus. Ein Bündel staatlicher Maßnahmen habe dazu beigetragen, dass die Zahl der Salafisten im Jahr 2020 erstmalig bei 12.150 stagnierte. Insbesondere der sogenannte IS zeige nach dem Untergang seines “Kalifats“ wieder verstärkt Aktivitäten. Ein besonderer Aspekt im Jahr 2020 waren auch die deutschen Staatsangehörigen, die sich nach der militärischen Niederlage des IS in Nordsyrien noch in Haft oder in Gewahrsam befinden.

Vermehrt illegale Übergriffe fremder Staaten

Deutschland ist laut Bericht als politische Macht mit seiner Rolle in internationalen Institutionen und seinen Mitgliedschaften in NATO und EU auch das Ziel vielfältiger Spionage und ausländischer Desinformationskampagnen. Zu beobachten seien neben der illegalen Informationsbeschaffung auch illegitime Aktivitäten fremder Nachrichtendienste, die auf die Ausforschung und Unterwanderung oppositioneller Gruppen aus Drittstaaten gerichtet seien. Politische Einflussnahme auf Wahlen bleibe auch durch Cyberangriffe möglich. Durch die gesteigerte Nutzung von Homeoffice im Jahr 2020 sei die Angriffsfläche für Cyberspionage und Cybersabotage sprunghaft angestiegen. Auch deutsche Unternehmen und Forschungseinrichtungen blieben im Fokus fremder Staaten.

Redaktion beck-aktuell, 15. Juni 2021 (dpa).