Verfassungsschutz schuldet Presse keine Auskunft zu Oktoberfestattentat

Das Bundesamt für Verfassungsschutz muss der Presse keine Auskunft über den Inhalt seiner Akten zum Oktoberfestattentat aus dem Jahr 1980 erteilen. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln mit Urteil vom 09.06.2020 entschieden und damit die Klage eines Journalisten abgewiesen. Der Auskunftsanspruch sei grundsätzlich auf die Beantwortung konkreter Fragen und nicht auf die Einsichtnahme in Behördenakten gerichtet, heißt es in der Begründung.

Attentäter gehörte rechtsextremer "Wehrsportgruppe Hoffmann" an

Bei dem Anschlag auf das Münchner Oktoberfest am 26.09.1980 mit einer selbstgebastelten Bombe kamen 13 Menschen, darunter der Attentäter Gundolf Köhler selbst, ums Leben, über 200 wurden zum Teil schwer verletzt. Köhler war Mitglied der rechtsextremen "Wehrsportgruppe Hoffmann", die bereits vor dem Anschlag verboten und aufgelöst worden war.

Journalist stützt Anspruch unmittelbar auf Pressefreiheit

Der Kläger begehrte vom BfV Auskunft darüber, was in den Akten des BfV über den Sprengstoffanschlag auf das Oktoberfest stehe beziehungsweise welche konkreten Informationen darin enthalten seien. Er meint, der Anschlag sei bis heute nicht umfassend aufgearbeitet worden. Als Vertreter der Presse müsse ihm Einsicht in die entsprechenden Akten des Bundesamtes gewährt werden. Ein solcher Anspruch folge unmittelbar aus dem Grundrecht der Pressefreiheit. Die Akteneinsicht sei erforderlich, um sich zunächst ein Bild über die Sachlage verschaffen zu können. Erst dadurch sei er in der Lage, seiner journalistischen Aufgabe zur Information der Öffentlichkeit und zur Kontrolle staatlichen Handelns gerecht zu werden. Gerade im Bereich des investigativen Journalismus müsse Zugang zu den Akten der Behörde bestehen.

Hinreichend konkrete Frage erforderlich

Das VG Köln ist dem nicht gefolgt. Der unmittelbar aus der Verfassung abgeleitete Auskunftsanspruch sei grundsätzlich auf die Beantwortung konkreter Fragen gerichtet. Eine Einsichtnahme in Behördenakten werde davon regelmäßig nicht erfasst. Das Auskunftsbegehren des Klägers sei daher im Ergebnis nicht zulässig. Zwar sei es formal als Frage formuliert. In der Sache stelle es aber ein Gesuch um Akteneinsicht dar. Denn tatsächlich gehe es dem Kläger darum, den vollständigen Inhalt der Akten zu erfahren, was qualitativ einer Einsichtnahme in die betreffenden Akten gleichkomme. Auch wenn es in besonders gelagerten Einzelfällen möglich sei, dass die Behörde eine konkrete Auskunft nur durch die Gewährung von Akteneinsicht erteile, müsse im Ausgangspunkt eine hinreichend konkrete Frage gestellt werden.

Weitere Frage bereits beantwortet

Eine weitere Frage des Klägers nach der Anzahl der Mitglieder der Wehrsportgruppe Hoffmann, die während des Bestehens dieser Gruppierung als V-Leute für das Bundesamt für Verfassungsschutz gearbeitet haben, sah das Gericht als beantwortet an. Bereits im Jahr 2017 habe die Bundesregierung auf eine ähnliche Anfrage mitgeteilt, dass laut dem Aktenbestand des BfV bis zum Oktoberfestattentat kein Mitglied der Wehrsportgruppe Hoffmann als V-Person für das BfV tätig gewesen sei. Gegen das Urteil kann ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden, über den das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster entscheiden würde.

VG Köln, Urteil vom 09.06.2020 - 6 K 9484/17

Redaktion beck-aktuell, 17. Juni 2020.