Verein will Diskussion über Reform ankurbeln
Seit 1869 sei die juristische Ausbildung als zweistufige Ausbildung ausgestaltet, erläutert der Verein. In den mehr als 150 Jahren sei das Recht mehrfach grundlegend neugestaltet und überarbeitet worden. Eine große Reform der juristischen Ausbildung habe es jedoch nicht gegeben, so der Verein. Seit 2003 sei das Studium um den Schwerpunkt ergänzt. Die Einführung des Schwerpunkts habe die Rufe nach einer Überarbeitung der Ausbildung jedoch nicht leiser werden lassen – im Gegenteil. Jetzt haben sich in dem Verein Bündnis zur Reform der juristischen Ausbildung junge Juristinnen und Juristen zusammengeschlossen, um den Diskurs über eine Reform der juristischen Ausbildung anzukurbeln. Mit der Abstimmung von iurreform sollen Studierende, Praktikerinnen und Praktiker sowie Lehrende die Möglichkeit erhalten, sich zu den vielen Reformvorschlägen, die in den letzten 20 Jahren gemacht wurden, zu äußern.
44 Thesen
"Der Diskurs um die Reform der juristischen Ausbildung findet bisher nur innerhalb der einzelnen Gruppen statt. Studierende, Praktiker:innen und Lehrende diskutieren untereinander, aber nicht miteinander. Das wollen wir ändern", schreibt der Vorsitzende des Vereins Til Bußmann-Welsch. Die Gruppe habe die Literatur zu Reformvorschlägen der letzten 20 Jahre ausgewertet und daraus eine Abstimmung mit 44 Thesen entwickelt. Die Fragen beträfen die verschiedenen Bereiche der Ausbildung: Sie reichten von der Einführung eines integrierten Bachelors, dem Umgang mit Legal Tech im Studium, der Stoffmenge und der Bewertung der Klausuren im Examen bis hin zur Rolle der Rechtsdidaktik in der Ausgestaltung des Studiums.
Hohe Beteiligung an Abstimmung erwünscht
Sophie Dahmen, Mitglied des Vorstands des Vereins, hofft auf viele Teilnehmende. "Wenn viele Studierende, Praktiker:innen und Lehrende mitmachen, kann man in Zukunft nicht mehr sagen, es sei unklar, was sich die einzelnen Gruppen von einer modernen Ausbildung für Jurist:innen wünschten. Je mehr Teilnehmer:innen, desto stärker wird die Aussagekraft", schreibt sie. Bei der Konzeption der Abstimmung habe der Verein unter anderem mit dem Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften (BRF), dem Deutschen Anwaltverein (DAV) und der europäischen Vereinigung von Jurastudierenden (ELSA) zusammengearbeitet.
Strafrechtsprofessorin unterstützt Vorhaben
Die Strafrechtsprofessorin Elisa Hoven findet den Ansatz des Vereins sinnvoll, zunächst die bestehenden Vorschläge zu bündeln und dann darüber abzustimmen: "Erstmals kann eine gemeinsame öffentliche Diskussion über das erste Staatsexamen stattfinden, deren Ergebnisse von einer großen Gruppe getragen und kommuniziert werden. Die Reform des Staatsexamens ist nicht mehr nur das Ziel Einzelner, sondern das Anliegen eines Vereins, der als permanenter Akteur an der Debatte teilnimmt und ein Motor im Umgang mit den aktuellen Beharrungstendenzen darstellen kann."
Abstimmung bis 17.07.2022 möglich
Die Abstimmung kann vom 17.01.2022 bis zum 17.07.2022 auf der Webseite der Kampagne "www.iurreform.de" vorgenommen werden. Auf der Webseite kann man auch die Pro- und Contra-Argumente aus der Literatur zu den einzelnen Thesen einsehen, eigene Reformvorschläge einbringen und sich ein Bild von dem bisherigen Diskurs machen. Die Ergebnisse werden anschließend veröffentlicht. Mit den Resultaten möchte der Verein die Reform der Ausbildung anstoßen und auf diese Weise langfristig zur Stärkung des Berufsbilds und zur Modernisierung des Berufsstands beitragen.