Vaterschaftsanfechtungsrecht der Mutter nicht verwirkbar
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Der Bundesgerichtshof hat mit einem Urteil das Recht der Mutter zur Anfechtung der Vaterschaft gestärkt. Weder könne sie auf dieses Recht verzichten noch könne sie es verwirken, entschieden die Richter. Das gelte auch dann, wenn die von einem anderen Mann schwangere Frau durch die Heirat eines Dritten bewusst eine rechtliche Vaterschaft geschaffen habe.

Schwanger in der Beziehungspause

Das Paar in dem Fall aus Bayern hatte sich mehrfach getrennt und war immer wieder zusammengekommen. Während einer ungefähr halbjährigen Beziehungspause wurde die Frau von einem anderen Mann schwanger. Kurz darauf heiratete sie im Mai 2016 ihren ursprünglichen Partner. Als im Oktober die kleine Tochter zur Welt kam, wurde er damit rechtlich der Vater. Aber die Beziehung hielt nur noch ein knappes Jahr. Nach der Trennung beantragte die Frau im Juli 2018 beim Amtsgericht Hof die Feststellung, dass ihr Ex nicht der leibliche Vater ist.

BGH bestätigt Gesetzgeber

Der letztlich damit beschäftigte 12. Zivilsenat des BGH teilte die Rechtsauffassung der Frau. Er stellte sich damit ausdrücklich hinter die Entscheidung des Gesetzgebers bei Einführung des eigenständigen Anfechtungsrechts der Mutter, dass dieses – mit der Ausnahme von Samenspenden – nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden kann. Auch bestünden über die Einhaltung der Frist von zwei Jahren hinaus keine weiteren Einschränkungen, insbesondere nicht das Erfordernis des Kindeswohls. Anderes gelte nur, wenn die Mutter als Vertreterin des Kindes anfechte.

Kein rechtsgeschäftlicher Verzicht möglich

Das Gericht bestätigte seine frühere Rechtsprechung, dass ein rechtsgeschäftlicher Ausschluss des Rechts auf Anfechtung der Vaterschaft nicht möglich ist, so dass ein Verzicht auf das Anfechtungsrecht wirkungslos ist (BGH, NJW 1995, 2921). Einen Verzicht hätte man hier darin sehen können, dass die Mutter bewusst die Ehe nicht mit dem biologischen Vater, sondern einem Dritten eingegangen war.

Keine Verwirkung des Anfechtungsrechts

Der Senat erteilte auch einer Verwirkung eine Absage. Sonst könne ein unwirksamer Verzicht über den Umweg eines Rechtsmissbrauchs durch widersprüchliches Verhalten doch wieder Wirkung entfalten. Die Richter ließen offen, ob es heute Fälle geben könnte, in denen eine Verwirkung denkbar wäre. Jedenfalls sahen sie hier keinen solchen Fall und verwiesen darauf, dass auch der rechtliche Vater frei anfechten könne. Die kurze Anfechtungsfrist sei als Überlegungsfrist ausgestaltet, ob die rechtliche Vaterschaft bestehen bleiben sollte.

Mögliche Änderung im Rahmen der Reform des Abstammungsrechts?

Seit 13.03.2019 liegt seitens des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz ein Diskussionsentwurf für eine Reform des Abstammungsrechts vor. Hier wird ein Ausschluss der Anfechtungsmöglichkeit für die Mutter vorgeschlagen, wenn diese bewusst eine nicht biologisch verwandte Person als Elternteil anerkannt hat. Ein Sachverhalt, der durchaus auf diesen Fall übertragbar sein könnte.

BGH, Beschluss vom 18.03.2020 - XII ZB 321/19

Redaktion beck-aktuell, 11. Mai 2020.