Echte Männer in Gottes Namen: US-Behörde durfte christliche "Männlichkeitskurse" in Haft nicht verbieten

Die "Quest for Authentic Manhood" im St. Cloud Gefängnis des US-Staates Minnesota darf vorerst weitergehen. Wegen der fundamentalistischen und teils homophoben Botschaften des Insassenprogramms hatte es die Strafvollzugsbehörde einstweilen verboten. Zu Unrecht, wie der Court of Appeals nun entschied.

Zwei Sitzungen pro Woche, ein klares Ziel: Die "authentische Männlichkeit" von Gefängnisinsassen fördern, und zwar so, wie es der biblische Gott vorschreibt. Mit dem Lehrprogramm "Quest for Authentic Manhood" feierte der christliche Freiwillige Anthony Schmitt über 10 Jahre lang Erfolge.

Nach Aussagen des Schöpfers solle es in der 24-teiligen Videoreihe darum gehen, "klare und praktische Einsichten in Gottes Entwurf für Männlichkeit" zu geben. Schmitt und seine Kollegen stellten wöchentlich ein Video vor und diskutierten diese im Anschluss mit den Insassen. Die Kurse seien stets bis zum letzten Platz belegt gewesen, teils hätten lange Wartelisten bestanden. Die Lektionen vermitteln ein christlich geprägtes Rollenbild für Männer nach klassischem Familienbild entsprechend der Erwartungen, die Gott an "seine Söhne" richte.

Ein DEI-Verstoß?

Im Juli 2023 – nach einer längeren pandemiebedingten Pause aller religiösen Programme – untersagte die staatliche Strafvollzugsbehörde (MN Department of Corrections – MDOC) das Programm schließlich. Frauen würden allgemein als Ursache für eine Verweichlichung von Männern ("soft males") genannt. Das vermittelte, den Mann "unterstützende" Frauenbild sei dabei nicht nur voreingenommen, sondern auch gefährlich für Teilnehmer, die sich der Gewalt gegen Frauen schuldig gemacht oder unter dieser zu leiden gehabt hätten. Insgesamt widerspreche das Programm den grundlegenden Werten von Diversität, Gleichheit und Inklusion (engl.: "Diversity, Equity, Inclusion – DEI") und diskriminiere anhand sexueller Orientierung, da es behaupte, Glück könne nur in heterosexuellen Beziehungen gefunden werden. 2018 waren bereits auf Hinweis der Vollzugsbehörde Videos gestrichen worden, die Homosexualität als Reaktion auf eine "Verletzung" durch abwesende Väter darstellten.

Entgegen dem Antrag des Programmleiters versagte der zuständige District Court im August 2024 eine einstweilige Anordnung gegen das Verbot. Ein Turner-Test – vergleichbar mit einer Verhältnismäßigkeitsprüfung im deutschen Recht, bezogen auf die Interessen des Strafvollzugs – ergebe, dass mit dem Verbot ein legitimes pönales Interesse des Gefängnisses verfolgt werde. Das Programm sei nicht wegen der "Religion an sich" sondern wegen konkreter diskriminierender Inhalte beendet worden und insofern keine Diskriminierung wegen der Religion. Auf die Beschwerde Schmitts entschied der zuständige Court of Appeals nun anders und ordnete an, dass das Programm bis zur Entscheidung in der Hauptsache wieder durchgeführt werden darf (United States Court of Appeals fort the Eighth Circuit, Entscheidung vom 14.08.2025 – No. 24-2707).

Christliche "Perspektive" auf Männlichkeit erlaubt

Das Berufungsgericht nahm Anstoß daran, dass das Verbot des MDOC mit der biblischen Perspektive ("biblical lense") des Programms begründet worden sei. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei hier doch gerade die konkrete religiöse Ausrichtung der Anknüpfungspunkt gewesen, was auch ein Vergleich mit Programmen anderer Religionen zeige, die nicht verboten wurden. Insofern handele es sich hier um eine klassische Standpunktdiskriminierung ("Viewpoint Discrimination"). Selbst ein Turner-Test – der die Interessen von Gefängnissen besonders wohlwollend gewichte, müsse hier bereits im ersten Prüfungsschritt scheitern: Betroffen sei nämlich nicht etwa ein neutrales Resozialisierungsinteresse, sondern die Ablehnung einer bestimmten Bibelauslegung und damit einer bestimmten religiösen Sichtweise. Nicht einmal diese besonders gefängnisfreundliche Auslegung gelange hier zu einer Verfassungsmäßigkeit des Verbots.

In einem abweichenden Votum erklärte eine Richterin, dass das öffentliche Interesse doch stark für das Vorgehen des MDOC spreche. Das Programm sei schädlich und hinderlich für die Rehabilitation von Insassen – ein Anliegen, das typischerweise im Ermessen der Gefängnisleitungen liege. Das MDOC äußerte sich selbst nicht weiter zu der Sache und verwies auf das weiterhin anhängige Hauptsacheverfahren.

Redaktion beck-aktuell, tbh, 19. August 2025.

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