Urheberrechtsreform: Kommen Lizenzen für digitale Nutzungen?

Deutschland will die Rechte von Urhebern, deren Werke im Netz genutzt werden, in die digitale Welt übertragen. Die Vertreter aus der Kulturbranche drängen dabei auf Lizenz-Regeln für Internetplattformen. So sprachen sich auf einer Urheberrechtskonferenz am 16.11.2020 unter anderem die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst und die Musik-Verwertungsgesellschaft Gema für solche Regeln aus.

Eckpunkte des Reformvorschlags

Das Bundesjustizministerium hatte im Oktober 2020 einen Referentenentwurf zu der Reform vorgelegt. Plattformen sollen demnach Lizenzen abschließen, damit Urheber finanziell von der Verbreitung ihrer Werke im Netz profitieren können. Ziel der Urheberrechtsreform ist es, das Recht an die immer größere Bedeutung des Online-Marktes anzupassen. Es soll das Verhältnis zwischen Urhebern, Unternehmen und Plattform-Nutzern regeln, wenn es um das Hochladen von Elementen wie Fotos, Artikelteilen oder Videoausschnitten der Urheber geht. In den vergangenen Jahren gab es in diesem Zusammenhang verhärtete Fronten und viel böses Blut.

Lizenzkauf statt Haftung für Nutzer

Die Justiziarin der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst, Anke Schierholz, hob auf der von Verbänden und Gewerkschaften initiierten Konferenz hervor: Wenn man den Nutzer komplett aus der Haftung entlassen wolle, müsse man dafür sorgen, dass dafür die Plattformen umfangreiche Lizenzen für die Inhalte kauften. In der Konsequenz bedeute das: "Wenn die Kreativen ihre Vergütung erhalten, dann gibt es überhaupt keinen Grund, irgendwelche Rechte geltend zu machen.“ Gemeint ist, dass Künstler ihre Rechte nicht extra durchsetzen müssen, weil die Ausgangslage über die Lizenzen geklärt wäre. Verwertungsgesellschaften setzen sich stellvertretend für eine große Anzahl von Urhebern für die Wahrung ihrer Rechte ein - es geht dabei auch um die Vergütung.

Bitkom wittert Gefahren

Der Digitalverband Bitkom sieht in dem Referentenentwurf Gefahren. Die Leiterin Recht im Verband, Judith Steinbrecher, sagte auf der Konferenz, damit würden Vergütungsstrukturen aufs Spiel gesetzt, "die schon seit langem bestehen“.

Reformentwurf sieht Bagatell-Grenzen-Regelung vor

Für Filmkomponist Micki Meuser ist die Lizenzierung dagegen das Beste, was passieren kann. Er betonte dies auch mit Blick auf eine Art Bagatell-Grenze, die es geben soll. Unterhalb dieser könnten Nutzer urheberrechtlich geschützte Werkteile ohne Lizenzen hochladen, solange keine kommerziellen Zwecke verfolgt werden. Im Detail: Bis zu 20 Sekunden eines Videos, bis zu 20 Sekunden einer Tonspur, bis zu 1.000 Zeichen eines Textes sowie ein Lichtbild oder eine Grafik bis zu einer Datengröße von 250 Kilobyte. In diesen Fällen ist im Entwurf zugleich von einer angemessenen Vergütung des Urhebers die Rede.

Bagatell-Grenze-Regelung umstritten

An der Bagatell-Grenze stoßen sich aber zum Beispiel Zeitschriften- und Zeitungsverleger. Sie befürchten, dass Presseverlagen wie Journalisten das Verfügungsrecht über ihre Werke und Leistungen entzogen werden könnten. Auch mehr als 500 Künstler, darunter prominente Musikbands, beschwerten sich über die Bagatell-Regelung. Vor Tagen verfassten sie einen Offenen Brief an Bundespolitiker und Bundesministerien. Für eine Bagatell-Regelung sprach sich auf der Konferenz hingegen der Verein Wikimedia Deutschland aus, der sich für die Plattform Wikipedia einsetzt. Ohne diese Regelung würden selbst kleinste Posts durch Filter laufen.

Große Debatte um Upload-Filter

Um die EU-Richtlinie, die jetzt mit dem vorgelegten Referentenentwurf umgesetzt werden soll, war in den vergangenen Jahren eine große Debatte entbrannt. Sogenannte Upload-Filter waren Anstoß für große Proteste, darunter auch in Deutschland. Dahinter stand die Befürchtung, dass Inhalte immer überprüft würden, bevor sie hochgeladen werden. Polen reichte im Mai 2019 zudem Klage gegen die Richtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg ein. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) erklärte gegenüber der Presse, dass ein Kabinettsbeschluss zum Urheberrecht angestrebt werde. Auch der Bundestag muss noch zustimmen. Die Umsetzung der EU-Richtlinie zum Urheberrecht ins nationale Recht muss bis Sommer 2021 erfolgen.

Redaktion beck-aktuell, 17. November 2020 (dpa).