Ungarn will mit Volksbefragung Entschädigungen an Strafgefangene für schlechte Haftbedingungen verhindern

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban will mit einer neuen Volksbefragung gegen angebliche Auswüchse der Justiz vorgehen. "Durch deren Urteile werden verurteilte Gewaltverbrecher gegenüber gesetzestreuen Bürgern bevorzugt", erklärte er am 16.02.2020 in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation in Budapest. Der rechts-nationale Regierungschef bezog sich auf Tausende Fälle, in denen der ungarische Staat Strafgefangenen Entschädigungen bezahlen musste, weil ihre Haftbedingungen nicht im Einklang mit dem Gesetz gestanden hatten.

Soros-Netzwerk soll missbräuchliche Prozesse initiiert haben

"Organisationen, die natürlich zum Soros-Netzwerk gehören, und gedungene Rechtsanwälte haben unter Missbrauch des Rechtsschutzes eine Masse von Prozessen auf den Weg gebracht", sagte Orban. Dem könne man nicht weiter tatenlos zusehen. Orban griff auch in dieser Rede den liberalen US-Milliardär George Soros an, der weltweit humanitäre Anliegen unterstützt. Orban unterstellt ihm, die Masseneinwanderung von Muslimen nach Europa zu organisieren. Beweise hat er dafür keine.

Orban will an Roma gezahlte Entschädigungen auf den Prüfstand bringen

Die angekündigte Volksbefragung werde auch auf die Zahlung von Entschädigungen eingehen, die einem Gerichtsurteil zufolge einer Gruppe von Roma zustehen, weil sie ihre ganze Schulzeit widerrechtlich in einer abgesonderten Schule verbringen mussten. "Niemand soll Geld bekommen, der nicht dafür gearbeitet hat", meinte Orban. Die Volksbefragungen, die Orban "Nationale Konsultationen" nennt, bestehen aus Fragebögen, die an alle Haushalte verschickt werden. Die Fragen sind suggestiv formuliert und sollen Orbans Politik bestätigen. Sie haben keine juristischen Konsequenzen, die Auswertung verläuft nicht transparent. Bisher gab es acht derartige "Konsultationen", darunter etliche zur Migrations- und Asylpolitik.

Redaktion beck-aktuell, 17. Februar 2020 (dpa).

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