Ungarn: Gesetz ermöglicht "Aufhebung" der Staatsbürgerschaft

Der ungarische Regierungschef Orban geht mit repressiven Methoden gegen Kritiker und Zivilorganisationen vor. Ein neues Gesetz nimmt einen eher kleinen Kreis ihm unliebsamer Personen ins Visier.

Mit den Stimmen des rechten Regierungslagers hat das ungarische Parlament ein Gesetz beschlossen, das es ermöglicht, manchen Doppelstaatsbürgern die ungarische Staatsbürgerschaft zeitweise zu entziehen. Das Ergebnis der Abstimmung hat das Parlament auf seiner Webseite veröffentlicht.

Demnach kann die Regierung künftig die ungarische Staatsbürgerschaft von Doppelstaatsbürgern "aufheben", die "ein Verhalten an den Tag legen, das die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit und die nationale Sicherheit Ungarns gefährdet", wie das Gesetz festhält. Das gilt auch, wenn der oder die Betroffene "im Interesse einer fremden Macht oder einer fremden Organisation tätig ist, die Ziele einer fremden Macht oder fremden Organisation verwirklicht".

Voraussetzung der zeitweiligen Aberkennung der Staatsbürgerschaft ist allerdings, dass die betroffene Person über die Staatsbürgerschaft eines weiteren Landes verfügt, die aber nicht die eines anderen EU-Landes, Norwegens, Islands, der Schweiz oder Liechtensteins ist. Die maximale Dauer des Entzugs ist auf zehn Jahre befristet. International ist eine solche zeitlich befristete Regelung unüblich. Eine Staatsbürgerschaft kann normalerweise dauerhaft entzogen werden, in anderen Fällen kann auf eine Staatsbürgerschaft auch verzichtet werden.

Orbans Mantra: Kritiker schaden dem Land

Kritiker sehen in dem Gesetz ein weiteres Instrument, mit dem die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban unliebsame Stimmen mundtot machen möchte. Der rechtspopulistische Regierungschef kämpft seit Jahren mit repressiven Methoden gegen Kritiker und unabhängige Zivilorganisationen an. Eine wiederkehrende Begründung seines Vorgehens ist, dass regierungskritische Personen und Organisationen Ungarn schaden und die Interessen anderer Länder und Mächte vertreten würden.

Von dem neuen Gesetz könnte etwa ein ungarisch-amerikanischer Doppelstaatsbürger betroffen sein, der sich in Ungarn in einer Menschenrechtsorganisation engagiert oder eine solche leitet. Die "Aufhebung" der ungarischen Staatsbürgerschaft würde für denjenigen bedeuten, dass er des Landes verwiesen werden kann. Ein ungarischer Staatsbürger hingegen kann nicht aus Ungarn ausgewiesen werden.

Redaktion beck-aktuell, cil, 11. Juni 2025 (dpa).

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