Ungarn legalisiert fiktive Wohnadressen

Die ungarische Regierung legalisiert die Anmeldung fiktiver Wohnadressen. Dem neuen Gesetz entsprechend können Adressen künftig auch dann angemeldet werden, wenn die Menschen gar nicht die Absicht haben, am angegebenen Ort zu wohnen. Bürgerrechtler und Oppositionelle befürchten, dass nun vor Wahlen Menschen in größerer Zahl in Wahlkreise "umgesiedelt" werden könnten, in denen mit einem knappen Wahlausgang zu rechnen ist.

Opposition befürchtet Verfälschung der Wahlergebnisse

Der Opposition zufolge könnten sowohl ethnische Ungarn aus den Nachbarländern, die das Wahlrecht in Ungarn haben, als auch Inländer nach massenhafter Schein-Anmeldung in hart umkämpften Wahlkreisen ihre Stimme abgeben. "Beide Varianten eröffnen den Weg zur bewussten Verfälschung der Wahlergebnisse", heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme von sechs Oppositionsparteien, die bei der nächsten Wahl mit gemeinsamer Liste und gemeinsamen Direktkandidaten antreten. In einigen Wahlkreisen könnte der Kampf um das jeweilige Direktmandat an wenigen hundert Stimmen hängen.

Schein-Adressen schon bei früheren Wahlen festgestellt

Schon bei vergangenen Wahlen haben Wahlforscher und Bürgerrechtler die massenhafte Anmeldung von Schein-Adressen - mutmaßlich zugunsten der Partei von Ministerpräsident Viktor Orban, Fidesz, - festgestellt. Vertreter der Regierung bestritten, dass das geänderte Gesetz auf Wahlbetrug abziele. Vielmehr würden Hunderttausende Ungarn nicht dort wohnen, wo sie angemeldet sind, weil sie vergessen hätten, sich nach einem Wohnsitzwechsel umzumelden. Die nächste Parlamentswahl findet im Frühjahr 2022 statt.

Redaktion beck-aktuell, 19. November 2021 (dpa).