Unerlaubte Rechtsberatung: Architekt darf keine selbst entworfene Skontoklausel bereitstellen

Ein Architekt, der eine der Interessenlage des Auftraggebers entsprechende Skontoklausel für Bauverträge entwirft und diese zur Verwendung mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung stellt, verstößt gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Das BGH-Urteil könnte weitreichende Folgen haben.

Ein Architekt war beim Neubau eines Fabrikations- und Verwaltungsgebäudes mit Architektenleistungen gemäß den Leistungsphasen 1 bis 8 der HOAI beauftragt worden. Der Planer stellte der Auftraggeberin vereinbarungsgemäß einen Bauvertragsentwurf mit einer von ihm formulierten Skontoklausel über ein 3%-iges Abzugsrecht zur Verfügung, den diese bei der Beauftragung mehrerer ausführender Bauunternehmen verwandte. Infolge eines Streits um die Wirksamkeit der Skontoklausel musste die Auftraggeberin auf das Abzugsrecht verzichten und verklagte den Architekten deshalb auf Schadensersatz.

Anders als das LG wies das Berufungsgericht die Klage ab. Das Oberlandesgericht meinte, die vom Architekten zur Verfügung gestellte Skontoklausel sei zwar wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers unwirksam, weil der Beginn der Skontofrist vom Auftraggeber auf einen vom Auftragnehmer nicht beherrschbaren Zeitraum verschoben werde. Der Architekt hafte aber mangels Pflichtverletzung nicht. Denn er habe keinen juristisch geprüften, rechtlich einwandfreien Vertragsentwurf geschuldet (OLG Stuttgart, Urteil vom 30.09.202210 U 12/22).

Verstoß gegen RDG

Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Bauherrin das vorinstanzliche Urteil gekippt und die Sache zurückverwiesen (Urteil vom 09.11. 2023 - VII ZR 190/22). Das OLG habe verkannt, dass der Bauherrin gegen den Architekten ein Schadensersatzanspruch aus § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241, Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB oder aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung § 3 RDG zustehen könne, weil dieser durch die Zurverfügungstellung der von ihm selbst entworfenen Skontoklausel gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen habe.

Die Zurverfügungstellung einer der Interessenlage der Klägerin entsprechenden Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern sei eine Rechtsdienstleistung, die über die typischerweise mit der Verwirklichung von Planungs- und Überwachungszielen verbundenen Aufgaben und damit über das Berufsbild des Architekten hinausgehe. Der Architekt dürfe aber nicht als Rechtsberater des Bauherrn auftreten.

Etwas anderes ergebe sich aus nicht aus dem Leistungsbild in Anlage 11 zur HOAI (2009). Soweit die Regelung, wonach der Architekt ein Entgelt für das "Mitwirken bei der Auftragserteilung" erhalte, teilweise als Erlaubnistatbestand im Sinne von § 5 Abs. 1 RDG ausgelegt werde, erteilt der BGH dem eine klare Absage.

Das Urteil könnte weitreichende Folgen für die Auslegung von Architektenleistungen mit rechtlichem Bezug haben. So schrieb Rechtsanwalt Prof. Dr. Heiko Fuchs (Kapellmann) schon Wochen vor der Veröffentlichung der Entscheidungsgründe im sozialen Netzwerk Linkedin, dass damit wohl auch Architektenleistungen im Zusammenhang mit der Nachtragsprüfung oder der rechtlichen Mängelverfolgung unzulässig seien. Entsprechend den Ausführungen des BGH rät Fuchs Architekten dringend, Bauherren darauf hinzuweisen, dass ihnen als Architekten eine solche Tätigkeit nicht erlaubt sei und sie sich insoweit an einen Rechtsanwalt wenden sollten.

BGH, Urteil vom 09.11.2023 - VII ZR 190/22

Redaktion beck-aktuell, ak, 21. November 2023.