UN-Tri­bu­nal ver­ur­teilt ser­bi­sche Ex-Si­cher­heits­chefs zu lan­gen Haft­stra­fen

Mehr als 25 Jahre nach Ende des Bos­ni­en-Krie­ges hat ein UN-Tri­bu­nal in Den Haag zwei ehe­ma­li­ge Chefs des staat­li­chen ser­bi­schen Si­cher­heits­diens­tes zu lan­gen Haft­stra­fen ver­ur­teilt. Jo­vi­ca Sta­ni­sic (70) und Fran­ko Si­ma­to­vic (71) müs­sen wegen Kriegs­ver­bre­chen und Ver­bre­chen gegen die Mensch­lich­keit je­weils zwölf Jahre in Haft. Sie seien schul­dig wegen Bei­hil­fe zum Mord, De­por­ta­tio­nen, Ver­trei­bung und Ver­fol­gung im Bos­ni­en­krieg, ur­teil­te das Ge­richt am 30.06.2021 in Den Haag.

Ver­ur­tei­lung nach zwi­schen­zeit­li­chem Frei­spruch

2013 waren beide An­ge­klag­te noch in einem höchst um­strit­te­nen Ur­teil frei­ge­spro­chen wor­den. 2015 war das erste Ur­teil aber un­gül­tig er­klärt und ein völ­lig neuer Pro­zess an­ge­ord­net wor­den. Der en­de­te nun mit dem Schuld­spruch. Chef­an­klä­ger Serge Bram­mertz be­grü­ß­te den Schuld­spruch als wich­ti­gen Schritt zur Ge­rech­tig­keit. Er wolle je­doch noch prü­fen, ob er Be­ru­fung ein­le­gen werde. Sta­ni­sic und Si­ma­to­vic hat­ten ihre Un­schuld be­teu­ert. Da die Zeit der Un­ter­su­chungs­haft von der Stra­fe ab­ge­zo­gen wird, kom­men sie ver­mut­lich schnell auf frei­en Fuß. Sie waren 2003 fest­ge­nom­men und nach dem ers­ten Frei­spruch 2013 frei­ge­las­sen wor­den.

Letz­tes Ver­fah­ren zu Ver­bre­chen im Bos­ni­en­krieg

Dies war das letz­te Ver­fah­ren vor dem UN-Ge­richt zu Ver­bre­chen im Bos­ni­en­krieg (1991-1995). Erst im Juni war auch in letz­ter In­stanz der ser­bi­sche Ex-Ge­ne­ral Ratko Mla­dic für den Völ­ker­mord von Sre­bre­ni­ca 1995 zu le­bens­lan­ger Haft ver­ur­teilt wor­den. Sta­ni­sic war Lei­ter des staat­li­chen Si­cher­heits­diens­tes und Si­ma­to­vic sein Stell­ver­tre­ter. Beide waren Ver­trau­te des da­ma­li­gen Prä­si­den­ten Slo­bo­dan Mi­lo­se­vic. Auch ihm war vor dem Tri­bu­nal der Pro­zess ge­macht wor­den, doch Mi­lo­se­vic war 2006 noch vor der Ur­teils­ver­kün­dung in der Haft ge­stor­ben.

An­ge­klag­te bau­ten pa­ra­mi­li­tä­ri­sche Ein­hei­ten auf

Nach An­sicht des Ge­richts spiel­ten die bei­den Män­ner eine "be­deu­ten­de Rolle" beim Auf­bau von pa­ra­mi­li­tä­ri­schen Ein­hei­ten, die für eine Ter­ror­kam­pa­gne gegen Mus­li­me und Kroa­ten ver­ant­wort­lich waren. Ins­be­son­de­re sah das Tri­bu­nal die Schuld für Ver­bre­chen in der bos­ni­schen Stadt Bo­s­anski Samac im April 1992 als er­wie­sen an. Die An­kla­ge hatte le­bens­lan­ge Haft ge­for­dert, die Ver­tei­di­gung Frei­spruch. Der Vor­sit­zen­de Rich­ter Bur­ton Hall schil­der­te in der Ur­teils­be­grün­dung die "Ter­ror­kam­pa­gne" der ser­bi­schen pa­ra­mi­li­tä­ri­schen Ein­hei­ten gegen die nicht-ser­bi­sche Be­völ­ke­rung, wie Kroa­ten und Mus­li­me.

An­ord­nung kon­kre­ter Ver­bre­chen nicht nach­ge­wie­sen

Diese Elite-Ein­hei­ten waren ein­ge­setzt wor­den, um durch Mord, Ver­trei­bung und Zer­stö­rung ein "eth­nisch rei­nes Gro­ß­ser­bi­en" zu er­rei­chen. Die An­ge­klag­ten hät­ten von den Ver­bre­chen ge­wusst und sie hät­ten auch durch den Auf­bau der Ein­hei­ten dazu bei­ge­tra­gen, ur­teil­ten die Rich­ter. Al­ler­dings habe die An­kla­ge nicht zwei­fels­frei be­wie­sen, dass die bei­den Män­ner auch Ver­bre­chen be­foh­len hat­ten.

Redaktion beck-aktuell, 1. Juli 2021 (dpa).

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