Umweltbundesamt für höhere Spritpreise und Abschaffung der Pendlerpauschale
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Das Umweltbundesamt hat sich für einschneidende Maßnahmen ausgesprochen, um die Klimaziele im Verkehrsbereich zu erreichen: höhere Spritpreise, Abschaffung der Pendlerpauschale, massiver Ausbau der Angebote von Bussen und Bahnen, Tempolimit, Pkw-Maut. Der CO2-Preis soll im Vergleich zur bisherigen Planung mindestens verdoppelt werden. Das würde steigende Benzin- und Dieselpreise bedeuten. Im Gegenzug will das Bundesamt einen sozialen Ausgleich.

"Preise für Benzin und Diesel sagen nicht die ökologische Wahrheit"

"Der Verkehr steuert beim Klimaschutz in die falsche Richtung", sagte der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messner, der dpa. "Ohne massive Anstrengungen auch dort wird es insgesamt nichts mit dem Klimaschutz." Es seien im Verkehrssektor viel wirkungsvollere Maßnahmen notwendig. "Auch wenn die Spritpreise derzeit sehr hoch sind, sagen die Preise für Benzin und Diesel nicht die ökologische Wahrheit", erklärte Messner. Aus Klima- und Umweltschutzsicht sei es sinnvoll, den CO2-Preis weiter zu erhöhen. Das sei auch sozialverträglich möglich, wenn der Staat die zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung nutze, um die EEG-Umlage deutlich zu senken und gleichzeitig klimaverträgliche Antriebstechnologien zu fördern. "Mir ist bewusst, dass die aktuellen Spritpreise an den Tankstellen viele davon abschrecken, diese Diskussionen zu führen. Wir müssen uns aber ehrlich machen und alle Optionen diskutieren. Dabei gehören steigende CO2-Preise und Rückzahlungen an die Bürgerinnen und Bürger zusammen."

Treibhausgas-Emissionen im Verkehrssektor seit 1990 unverändert

Der Verkehrssektor sei der einzige Bereich in Deutschland, der seine Treibhausgas-Emissionen gegenüber 1990 nicht gemindert habe. "Was noch schlimmer ist: Wir werden auch die selbst gesetzten Ziele aus dem Klimaschutzgesetz bis 2030 im Verkehrssektor deutlich verfehlen, wenn wir nicht massiv nachsteuern. Mit den aktuell beschlossenen Maßnahmen landen wir im Jahr 2025 bei 28 Millionen Tonnen zu viel und liegen im Jahr 2030 sogar 41 Millionen über den gesetzlichen Zielen." Diese riesige Lücke könne aber geschlossen werden, wenn ein Reformpaket des Umweltbundesamtes umgesetzt werde, so Messner. "Wir setzen stark auf den Ausbau der Alternativen zum Pkw- und Lkw-Verkehr, auf Elektrifizierung und eine verursachergerechte, aber auch sozialverträgliche CO2-Bepreisung des Verkehrs."

Abschaffung von Dieselprivileg, Pendlerpauschale und Steuererleichterungen für Dienstwagen

Die Behörde schlägt in einem umfassenden Papier etwa vor, das Dieselprivileg ab 2023 schrittweise abzuschaffen - bisher wird Diesel geringer besteuert als Benzin. Außerdem solle die steuerliche "Subventionierung" von Dienstwagen ab 2022 schrittweise abgebaut werden. Die Pendlerpauschale solle ab 2027 abgeschafft werden, heißt es weiter. Sie setze Fehlanreize für den Klimaschutz. Die Pauschale unterstützte den Trend zu langen Arbeitswegen. Zugleich würden Arbeitswege überdurchschnittlich häufig in Pkw mit nur einem Insassen zurückgelegt. Um soziale Härten abzufedern, sollten Wegekosten in Härtefällen bei der Einkommenssteuer berücksichtigt werden.

Ausbau des ÖPNV und Förderung von Elektroautos

Die Behörde schlägt weiter vor, den Öffentlichen Personennahverkehr, den Rad- und Fußverkehr und die Schiene mit zusätzlichen Milliarden Euro massiv auszubauen. Für neue Pkw solle es strengere, europäische CO2-Flottenzielwerte geben, um die Markteinführung von Elektroautos zu beschleunigen. Die Alternative sei eine nationale E-Quote. Der Kauf neuer CO2-armer und damit klimaschonender Pkw könne durch einen Bonus gefördert werden - und der solcher mit hohem CO2-Ausstoß durch einen Malus verteuert. Bereits in der laufenden Dekade müssten die Weichen gestellt werden, damit Deutschland bis 2045 klimaneutral werden könne, heißt es in dem Papier. Dazu seien auch Instrumente nötig, die erst nach 2030 wirkten. 

Einführung einer Pkw-Maut und Tempolimit

Das Umweltbundesamt schlägt etwa die Einführung einer Pkw-Maut auf allen Straßen ab etwa 2030 vor. "Eine fahrleistungsabhängige Pkw-Maut setzt Anreize, Autofahrten zu verkürzen oder ganz einzusparen oder stattdessen auf klimafreundlichere Verkehrsmittel umzusteigen", heißt es im Papier. Eine Pkw-Maut würde künftig den größten Beitrag zur Straßenfinanzierung leisten. Dies sei auch nötig, weil eine zunehmende Elektrifizierung des Verkehrs zu sinkenden Einnahmen durch die Energiesteuer führe. Die Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland war 2019 vom Europäischen Gerichtshof gestoppt worden. Messner sprach sich außerdem für ein generelles Tempolimit von 120 Stundenkilometern auf Autobahnen aus. Dieses könnte praktisch sofort und ohne Mehrkosten dem Klima helfen und erhöhe zudem die Verkehrssicherheit. SPD, Grüne und FDP haben in ihrem Sondierungspapier einem generellen Tempolimit aber bereits eine Absage erteilt - die FDP ist gegen ein Tempolimit.

Redaktion beck-aktuell, 5. November 2021 (dpa).