ESM und Zypern vereinbarten Memorandum of Understanding über Umstrukturierungsmaßnahmen
Bankkunden und Anleger klagten beim EuG auf Schadensersatz
EuG: Kein Anspruch auf Schadensersatz aus außervertraglicher Haftung
Das EuG hat die Klagen abgewiesen. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Schadensersatz aus außervertraglicher Haftung. Es fehle an der Rechtswidrigkeit des der EU vorgeworfenen Verhaltens. Hinsichtlich der geltend gemachten Verletzung ihres Eigentumsrechts verweist das EuG zunächst auf die Urteile des Europäischen Gerichtshofs von 2016 (BeckRS 2016, 82306). Darin habe der EuGH bereits drei der gemäß dem MoU verhängten Maßnahmen geprüft: die Übernahme der gesicherten Einlagen der Laïki durch die BoC und den Verbleib der ungesicherten Einlagen bei der Laïki bis zu ihrer Abwicklung, die Umwandlung von 37,5% der nicht gesicherten Einlagen der BoC in Aktien mit vollem Stimmrecht und Dividendenansprüchen und das vorübergehende Einfrieren eines weiteren Teils der nicht gesicherten Einlagen. Der EuGH habe entschieden, dass diese Maßnahmen nicht als unverhältnismäßig angesehen werden könnten. Laut EuG haben die Kläger keine Umstände dargetan, die belegten, dass diese Schlussfolgerung im vorliegenden Fall nicht gelte.
Umwandlung der BoC-Anleihen in Aktien und Nennwertminderung der BoC-Aktien zur Wiederherstellung des Eigenkapitals erforderlich
Auch die weiteren Maßnahmen im Zusammenhang mit der Minderung des Nennwerts der Stammaktien der BoC und betreffend den Verkauf der griechischen Niederlassungen der BoC und der Laïki sind dem EuG zufolge mit dem Eigentumsrecht vereinbar. Die Umwandlung der Anleihen von BoC in Aktien und die Minderung des Nennwerts der Aktien der BoC bezweckten, das Eigenkapital der BoC wiederherzustellen und damit die Stabilität des zyprischen Finanzsystems und des Finanzsystems der gesamten Euro-Zone sicherzustellen. Es handele sich um eine Maßnahme, die in angemessenem Verhältnis zum angestrebten Ziel stehe, da weniger einschränkende Maßnahmen nicht durchführbar gewesen wären oder die Erzielung der gewünschten Ergebnisse nicht ermöglicht hätten. Folglich sei diese Maßnahme nicht unverhältnismäßig.
Verkauf griechischer BoC-Niederlassungen zur Vermeidung eines Ansteckungseffekts gerechtfertigt
Was den Verkauf der griechischen Niederlassungen betreffe, habe sein Zweck darin bestanden, einen Ansteckungseffekt zwischen dem zyprischen und dem griechischen Banken- und Finanzsystem zu verhindern, um die Finanzstabilität zu gewährleisten. Angesichts der Bedeutung der verfolgten Ziele und des Umstands, dass sich der Verkauf im Rahmen eines offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens vollzogen habe, stelle der Verkauf der griechischen Niederlassungen keinen Verstoß gegen das Eigentumsrecht dar.
Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht verletzt
Zum Grundsatz des Vertrauensschutzes weist das Gericht darauf hin, dass sich der Betroffene darauf nur berufen könne, wenn ihm klare, unbedingte und übereinstimmende, aus befugten und zuverlässigen Quellen stammende Zusicherungen durch die zuständigen Unionsbehörden gemacht wurden. Die Kläger hätten geltend gemacht, dass die zuständigen Unionsbehörden ihnen übereinstimmende und klare Zusicherungen gemacht hätten, dass die im MoU vorgesehenen Maßnahmen Zypern nicht auferlegt würden. Laut EuG können die Kläger aber aus keiner der Handlungen und Verhaltensweisen, auf die sie sich in ihren Klagen beriefen, ein schutzwürdiges Vertrauen herleiten.
Inhaber ungesicherter Laïki-Einlagen gegenüber ELA-Gläubiger nicht diskriminiert
Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung liege nicht vor, so das EuG weiter. Die Kläger hätten geltend gemacht, dass die Inhaber nicht gesicherter Einlagen der Laïki gegenüber den Gläubigern der Laïki, deren Ansprüche auf die Laïki gewährte außerordentliche Liquiditätshilfe (Emergency Liquidity Assistance oder ELA) beruht hätten, diskriminiert worden seien. Denn soweit die Verbindlichkeiten der Laïki aus der ELA auf die BoC übertragen worden seien, könnten sich diese Gläubiger an die BoC wenden, während die Verbindlichkeiten der Laïki gegenüber den Inhabern nicht gesicherter Einlagen annulliert würden. Das Gericht weist hierzu darauf hin, dass allein die Zentralbank von Zypern der Laïki die ELA gewährt und daher eine Forderung gegen die Laïki habe. Während ein privater Wirtschaftsteilnehmer (wie die Inhaber nicht gesicherter Einlagen und die Aktionäre der genannten Banken) einzig in seinem privaten Vermögensinteresse handele, seien die Entscheidungen einer Zentralbank des Eurosystems (wie der Zentralbank von Zypern) ausschließlich durch Ziele des Allgemeininteresses geleitet, so dass die Situationen, in denen sich diese beiden Kategorien von Personen befänden, nicht vergleichbar seien und daher nicht von einer Diskriminierung die Rede sein könne.
Inhaber von Einlagen von mehr als 100.000 Euro gegenüber Inhabern von geringeren Einlagen nicht diskriminiert
Außerdem hätten die Kläger geltend gemacht, dass jene unter ihnen, deren Einlagen bei den genannten Banken 100.000 Euro überschritten, gegenüber den Inhabern geringerer Einlagen benachteiligt würden. Denn die Einlagen bis zur Höhe von 100.000 Euro seien vollständig von dem zyprischen Einlagensicherungssystem gedeckt, während höhere Einlagen nur bis zur Höhe von 100.000 Euro gedeckt seien. Zudem seien sie gegenüber Einlegern, Aktionären und Anleihegläubigern der Banken in anderen Mitgliedstaaten, die vor Zypern eine finanzielle Unterstützung erhalten hätten, diskriminiert worden, da diese Unterstützung stets höher gewesen sei, als die Zypern gewährte Finanzhilfefazilität, ohne dass die Einlagen, Aktien und Anleihen der Banken in diesen Mitgliedstaaten betroffen gewesen seien. Schließlich seien sie auch gegenüber Anteilseignern im Sektor der Genossenschaftsbanken benachteiligt worden, da diese nicht mit Eigenmitteln saniert worden seien. Nach Ansicht des EuG handelt es sich aber um unterschiedliche Sachverhalte, die nicht vergleichbar seien, so dass eine rechtswidrige Diskriminierung nicht festgestellt werden könne.
Ungleichbehandlung gegenüber Einlageninhabern bei griechischen Niederlassungen zur Ansteckungsvermeidung gerechtfertigt
Schließlich seien die Kläger entgegen ihrer Ansicht auch nicht gegenüber den Inhabern von Einlagen bei griechischen Niederlassungen aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert worden. Die Kläger hätten moniert, während die Gewährung der Finanzhilfefazilität an die Bedingung geknüpft worden sei, dass die zyprischen Behörden eine Maßnahme der Sanierung mit Eigenmitteln erließen, die die Einlagen bei den genannten Banken in Zypern treffe, habe die Gewährung der Finanzhilfefazilität in Bezug auf die Einlagen bei denselben Banken in Griechenland nicht unter einer vergleichbaren Bedingung gestanden. Laut EuG liegt insoweit zwar eine unterschiedliche Behandlung vor. Diese sei aber durch das Erfordernis gerechtfertigt, eine Ansteckung von dem zyprischen Banksystem auf das griechische Finanzsystem zu verhindern.