Umstrittene Justizreform in Polen passiert auch Senat

In mehreren polnischen Städten hat es am Wochenende Demonstrationen für eine unabhängige Justiz und gegen die umstrittenen Justizreformen der nationalkonservativen Regierung der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) gegeben. Nach dem Sejm, dem Unterhaus, hatte am 15.07.2017 auch der Senat die umstrittenen Änderungen beim Landesrichterrat gebilligt. Das Gremium, das über die Vergabe der Richterposten im Land entscheidet, soll künftig neu besetzt werden. Es dürfte damit unter die Kontrolle der mit absoluter Mehrheit regierenden PiS-Partei kommen.

Polnischer Präsident könnte Gesetz noch verhindern

Präsident Andrzej Duda muss die Novelle noch unterzeichnen. Mehrere hundert Menschen forderten ihn am 15.07.2017 vor dem Präsidentenpalast in Warschau auf, sein Veto einzulegen, obwohl er zum nationalkonservativen Lager gerechnet wird. Im Sejm liegt zudem ein neues Gesetz über das Oberste Gericht. Kritiker befürchten eine Entmachtung des Justizorgans.

Bürgerbewegung warnt vor Diktatur

Der Anführer der Bürgerbewegung KOD, Krzysztof Lozinski, sagte, es sei der letzte Augenblick gekommen, um die Einführung der Diktatur zu verhindern. "Jede Diktatur endet im Terror", warnte der Publizist. Auch konservative und linke Oppositionsparteien beteiligten sich an der Kundgebung des Komitees für die Verteidigung der Demokratie (KOD).

Demonstranten in Gewahrsam genommen

Bei der größten Kundgebung versammelten sich am 16.07.2017 in Warschau mehrere tausend Menschen vor dem Sejm. Sie riefen nach Angaben der Nachrichtenagentur PAP "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" und "Demokratie!". Bereits in der vorhergehenden Nacht hatten Dutzende Demonstranten die Zufahrt zum Parlament in Warschau blockiert. Sie hielten Spruchbänder wie "Hände weg von den Gerichten" hoch. Nach Angaben der Polizei wurden 31 Personen abgeführt und vorübergehend in Gewahrsam genommen.

EU-Rechtsstaatsverfahren gegen Polen bisher ohne Folgen

Wegen des Vorgehens der PiS-Regierung gegen die Justiz hat die EU-Kommission vor anderthalb Jahren ein Rechtsstaatsverfahren gegen Polen eingeleitet, das aber bisher ohne Konsequenzen blieb.

Redaktion beck-aktuell, 17. Juli 2017 (dpa).

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