Ukraine-Konflikt: EuG bestätigt Einfrieren der Gelder des russischen Waffenherstellers Almaz-Antey

Der Rat der Europäischen Union hat zu Recht die Gelder des russischen Waffenherstellers Almaz-Antey eingefroren. Dies hat das Gericht der Europäischen Union mit Urteil vom 25.01.2017 entschieden und eine Nichtigkeitsklage des Unternehmens abgewiesen. Denn das staatseigene Unternehmen trage durch Waffenlieferungen an den russischen Staat, der die Separatisten in der Ostukraine mit Waffen unterstütze, zur Destabilisierung der Ukraine bei. Der Rat habe nicht beweisen müssen, dass von Almaz-Antey produzierte Waffen in der Ukraine von Separatisten verwendet wurden (Az.: T-255/15).

Gelder von Almaz-Antey wegen russischer Waffenlieferungen an Separatisten eingefroren

Als Reaktion auf die Krise in der Ukraine erließ der Rat Anfang 2014 restriktive Maßnahmen (Einfrieren von Geldern und ein Verbot des Aufenthalts im EU-Gebiet) gegen natürliche und juristische Personen, deren Handlungen die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen. So wurden die Gelder der russischen Gesellschaft Almaz-Antey Air and Space Defence ("Almaz-Antey") eingefroren. Der Rat begründete dies damit, dass das staatseigene russische Unternehmen zur Destabilisierung der Ukraine beitrage. Es stelle Flugzeugabwehrwaffen einschließlich Boden-Luft-Raketen her, die es an die russische Armee liefere. Die russischen Behörden hätten schwere Waffen an Separatisten in der Ostukraine geliefert, die diese unter anderem zum Abschuss von Flugzeugen einsetzten. Almaz-Antey beantragte, die Aufrechterhaltung des Einfrierens ihrer Gelder für 2015 und 2016 für nichtig zu erklären.

EuG: Einfrieren von Geldern zu Verhinderung der Eskalation des Ukraine-Konflikts geeignet

Das EuG hat die Klage abgewiesen und damit das Einfrieren der Gelder von Almaz-Antey bestätigt. Es legt zunächst dar, dass der Beschluss des Rats, Gelder von Einrichtungen einzufrieren, die Handlungen der russischen Regierung materiell oder finanziell unterstützten, die darauf zielten, die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine zu untergraben oder zu bedrohen, verhältnismäßig sei. Denn das Einfrieren der Gelder solcher Einrichtungen ermögliche die Erreichung des angestrebten Ziels, die Eskalation des Ukraine-Konflikts zu verhindern.

Mildere Mittel nicht gleich wirksam

Laut EuG konnte der Rat zu Recht erwarten, dass die sanktionierten Handlungen eingestellt oder für ihre Urheber kostspieliger würden, sodass damit eine friedliche Beilegung der Ukraine-Krise gefördert würde. Denn die restriktiven Maßnahmen zielten auf verantwortliche Personen und Einrichtungen sowie auf Personen und Einrichtungen, die solche Handlungen materiell und finanziell unterstützten. Das Einfrieren der Gelder sei auch erforderlich. Mildere Maßnahmen, wie beispielsweise eine Genehmigungsregelung oder eine Verpflichtung zur nachträglichen Rechtfertigung der Verwendung der gezahlten Gelder, seien – insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit einer Umgehung der auferlegten Beschränkungen – nicht gleich wirksam.

Almaz-Antey unterstützt die Ukraine bedrohende Handlungen materiell

Auch das Einfrieren der Gelder von Almaz-Antey sei rechtmäßig, so das EuG weiter. Es handele sich um ein russisches öffentliches Unternehmen, das im Eigentum des russischen Staates stehe und von diesem kontrolliert werde. Es habe nur einen sehr geringen Handlungsspielraum gegenüber diesem Staat und sei bei der Ausübung seiner Tätigkeiten weitgehend von diesem abhängig. Die vom Rat vorgelegten Dokumente belegten darüber hinaus, dass Almaz-Antey Flugzeugabwehrwaffen, unter anderem Boden-Luft-Raketen BUK M1-2 und M2E und Aistenok-Radaranlagen, herstellt und dass es Waffentechnik an Russland liefert. Der Rat habe auch nachgewiesen, dass Russland tatsächlich Waffen an die Separatisten im Osten der Ukraine geliefert hat. Das Unternehmen unterstütze somit materiell Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergrüben oder bedrohten.

Presseartikel bestätigen russische Waffenlieferungen an Separatisten

Laut EuG legte der Rat außerdem zahlreiche Presseartikel vor, in denen über die in der Luft erfolgte Zerstörung von Flugzeugen und Hubschraubern der ukrainischen Armee durch Separatisten berichtet wird, darunter die eines militärischen Transportflugzeugs, das 49 Soldaten transportiert habe. Diese Presseartikel, die aus mehreren verschiedenen Quellen stammten und hinsichtlich der in ihnen beschriebenen Tatsachen hinreichend konkret, präzise und übereinstimmend seien, bestätigten eine Verwicklung Russlands in den Ukraine-Konflikt insbesondere mittels der Lieferung von Waffentechnik und militärischer Ausrüstung an die Separatisten im Osten der Ukraine.

Frage der Verantwortung für MH17-Abschuss ohne Belang

Almaz-Antey habe die durch diese Artikel vermittelten rein tatsächlichen Informationen nicht in Frage gestellt und nicht einmal versucht darzulegen, inwieweit diese offensichtlich fehlerhaft sein sollten, so das Gericht. Ob die Zerstörung des Flugzeugs MH17 der Malaysian Airlines am 17.07.2014 mit 298 Opfern, die durch eine ebenfalls von Almaz-Antey hergestellte BUK-Rakete verursacht worden sein soll, der ukrainischen Armee oder den Separatisten vorzuwerfen sei, spiele keine Rolle, da dieses Ereignis im Rahmen der Begründung für das Einfrieren der Gelder von Almaz-Antey nicht entscheidend gewesen sei.

Rat muss Einsatz von Almaz-Antey-Waffen durch Separatisten nicht beweisen

Nach Ansicht des EuG musste der Rat nicht positiv nachweisen, dass die von Almaz-Antey hergestellten Waffen in der Ukraine von Separatisten verwendet wurden. Denn ein solcher Nachweis wäre schwer zu erbringen, insbesondere in einer Konfliktsituation, in der es manchmal schwierig sei, genau die konkreten Verantwortlichkeiten und die von den Konfliktparteien jeweils verwendeten Waffentypen zu belegen. Das Gericht weist ferner darauf hin, dass die bloße Gefahr, dass eine Einrichtung ein verfolgbares Verhalten annehme, ausreichend sein könne, um ein Einfrieren ihrer Gelder zu verfügen.

EuG, Urteil vom 25.01.2017 - T-255/15

Redaktion beck-aktuell, 25. Januar 2017.

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