Ukraine fordert von UN-Gericht: Stoppt Gewalt Russlands

Russland steht erstmals seit der Invasion in die Ukraine vor einem internationalen Gericht. Die Ukraine verklagt das Nachbarland wegen Völkermordes und fordert den Internationalen Gerichtshof dringend auf, alles zu tun, um die Gewalt zu stoppen. "Russland verübt Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit", sagte der Vertreter der Ukraine, Anton Korynevych, am Montag in Den Haag. "Russland muss gestoppt werden."

Russland verweigert Teilnahme an Anhörung

Russland muss sich vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen wegen der Verletzung der Völkermord-Konvention von 1948 verantworten. Doch Russland verweigert die Teilnahme an der Anhörung, wie die Vorsitzende Richterin Joan Donoghue zu Beginn der Sitzung mitteilte. Der Vertreter der Ukraine sprach von einer Missachtung des internationalen Rechts. "Sie sind nicht hier im Gerichtssaal, sie sind auf den Schlachtfeldern. ... So lösen sie Konflikte." Im Friedenspalast in Den Haag werden zunächst die Rechtsvertreter der Ukraine ihren Fall darlegen. Ein Vertreter Russlands sollte am Dienstag das Wort ergreifen. Ob dies geschieht, ist heute noch offen. Auch wann ein Urteil erfolgt, steht noch nicht fest. Urteile des Gerichts sind zwar bindend. Doch das Gericht besitzt keine Machtmittel, um einen unterlegenen Staat zu zwingen, das Urteil auch umzusetzen. Es kann dann nur den UN-Sicherheitsrat anrufen.

IGH soll Rechtsgrundlage für Invasion klären

Die Ukraine ruft das UN-Gericht auf zu erklären, dass Russland keine rechtliche Grundlage für die Invasion hat. Russland hatte den Krieg mit der unbewiesenen Behauptung gerechtfertigt, dass Russen vor einem Völkermord geschützt werden müssten. "Das ist eine schreckliche Lüge Putins", sagte Korynevych. Die Ukraine beschuldigt Russland auch, "Taten von Genozid in der Ukraine zu planen" und "absichtlich Menschen der ukrainischen Nationalität zu töten oder schwer zu verletzen." Die UN-Richter sollen dagegen Sofortmaßnahmen anordnen.

Auch IStGH ermittelt wegen Kriegsverbrechen

Auch der Internationale Strafgerichtshof, ebenfalls mit Sitz in Den Haag, leitete bereits Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein. Dieses Weltstrafgericht verfolgt aber – anders als der Gerichtshof – keine Staaten, sondern individuelle Personen. Dabei geht es gerade auch um die militärisch und politisch Verantwortlichen. Das heißt, dass theoretisch auch der russische Präsident Wladimir Putin ins Visier der Ermittler kommen könnte. Allerdings ist es schwierig, genügend harte Beweise für die Verantwortung zu finden. Selbst wenn ein internationaler Haftbefehl ausgestellt würde, wäre es mehr als zweifelhaft, ob Russland dem nachkommen und Verdächtige ausliefern würde. Ein Haftbefehl würde aber die Bewegungsfreiheit erheblich einschränken. Denn Verdächtige liefen Gefahr, festgenommen und an Den Haag überstellt zu werden. Russland erkennt das Weltstrafgericht zwar nicht an. Aber die Ukraine hat in einer Erklärung die Zuständigkeit des Gerichts auf ihrem Grundgebiet seit November 2013 anerkannt. Die Erklärung bezieht sich allerdings nicht auf den Straftatbestand der militärischen Aggression.

Redaktion beck-aktuell, 7. März 2022 (dpa).