Razzien auch bei anderen Richtern
Das Nationale Anti-Korruptions-Büro der Ukraine (NABU) veröffentlichte ein Foto von Bündeln mit Geldscheinen auf einer Couch. Details sollten später bekannt gegeben werden. Medien in Kiew berichteten, bei anderen Richtern der obersten Justizinstanz gebe es Razzien. Das NABU und die Sonderstaatsanwaltschaft haben nach eigenen Angaben eine "großangelegte Korruption im Obersten Gerichtshof aufgedeckt, insbesondere einen Plan zur Erlangung ungerechtfertigter Vorteile durch die Führung und die Richter des Obersten Gerichtshofs", hieß es in der Mitteilung beider Behörden. Wer wen warum bestochen haben soll, ging aus den Mitteilungen nicht hervor. Der heute 43 Jahre alte Knjasjew war im Oktober 2021 als Vorsitzender des Obersten Gerichtshofs eingesetzt worden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte immer wieder einen entschlosseneren Kampf gegen die in dem Land verbreitete Schmiergeldkultur versprochen. Selenskyj will damit vor allem zeigen, dass die Ukraine als Beitrittskandidatin der EU bereit ist zu Verhandlungen für eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union.
Transparentes Verfahren angekündigt
Wer neben dem Obersten Richter Wsewolod Knjasjew noch festgenommen wurde, haben die Behörden in Kiew noch nicht bekannt gegeben, es wurde lediglich über eine zweite Festnahme im Zusammenhang mit Schmiergeldzahlungen am Obersten Gerichtshof der Ukraine informiert. "Zum jetzigen Zeitpunkt laufen Ermittlungen zu den Richtern und den Mittelsmännern (der Schmiergeldzahlungen)", sagte der Chef der spezialisierten Antikorruptionsstaatsanwaltschaft, Olexander Klymenko, in Kiew. Und der Chef des Antikorruptionsbüros, Semen Krywonos, der den Posten erst seit Anfang März begleitet, versicherte, dass das Verfahren transparent ablaufen werde. "Es gibt Schmiergeld, es gibt ein Motiv, die Tatsache wurde festgestellt, es gibt konkrete Personen", sagte der 40-Jährige. Die Festnahme des Obersten Richters sei dabei das "aufsehenserregendste Verfahren" seit der Gründung seiner Behörde 2015.
Eines der korruptesten Länder Europas
Die umgerechnet 2,76 Millionen Euro, wegen deren Erhalt der 43-jährige Knjasjew festgenommen worden war, stammen Medienberichten zufolge von einem in Frankreich lebenden Oligarchen. Dieser hat die Vorwürfe bereits zurückgewiesen. Im Rahmen einer außerordentlichen Sitzung des Kollegiums des Obersten Gerichtshofs zeigten sich die Richter "schockiert" über die Vorwürfe und sprachen von einem "schwarzen Tag in der Geschichte des Gerichts". Sie würden freiwillig und in vollem Umfang mit den Behörden kooperieren, teilten die Richter mit. Trotz der nach dem prowestlichen Umsturz 2014 geschaffenen neuen Korruptionsbekämpfungsorgane gilt die Ukraine weiter gemäß der Nichtregierungsorganisation Transparency International nach Nachbar Russland als das korrupteste Land Europas.