Türkisches Verrfassungsgericht sieht erneut Grundrechte eines Journalisten verletzt

Das türkische Verfassungsgericht sieht in der fortgesetzten Inhaftierung des Journalisten Sahin Alpay trotz eines gegenteiligen Urteils dessen Grundrechte verletzt. Das Gericht sprach dem Mitarbeiter der inzwischen geschlossenen regierungskritischen Zeitung "Zaman" am 16.03.2018 eine Entschädigung von 20.000 Lira (4.170 Euro) zu, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Im Januar hatte das Verfassungsgericht geurteilt, die Untersuchungshaft von Alpay und dem ebenfalls klagenden Journalisten Mehmet Altan verstoße gegen das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit.

Untergeordnete Gerichte verweigerten Entlassung

Damit hätten beide eigentlich aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen. Nach harscher Kritik der Regierung an dieser Entscheidung verweigerten untergeordnete Gerichte aber die Freilassung Alpays und Altans, wogegen beide erneut vor das Verfassungsgericht zogen. Am 16.02.2018 verurteilte ein Strafgericht Altan und weitere Beschuldigte wegen versuchten Umsturzes zu lebenslanger Haft. Das Verfahren gegen Alpay, dem Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen wird, läuft dagegen noch.

EGMR wird sich mit Fällen beschäftigen

Das Verfassungsgericht betonte am 16.03.2018, dass seine Urteile bindend seien. Altans Fall werde zu einem späteren Zeitpunkt beraten. Am 20.03.2018 befasst sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit den beiden Fällen. Nach der Weigerung, die Entscheidung zur Freilassung umzusetzen, hatte der Europarat die Türkei zur Achtung ihres eigenen Verfassungsgerichts aufgerufen. Aus Sicht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte die fortgesetzte Inhaftierung Altans und Alpays die Frage aufgeworfen, "ob die Rechtsstaatlichkeit in der Türkei funktioniert".

Zeitung "Zaman" war wichtigstes Medium der Gülen-Bewegung

Die auflagenstarke Zeitung "Zaman" war das wichtigste Medium der Gülen-Bewegung. Die türkische Regierung macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich. Die Zeitung war bereits zuvor unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt worden. Sie wurde nach dem Putschversuch per Notstandsdekret geschlossen.

Redaktion beck-aktuell, 19. März 2018 (dpa).

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