Der im deutschen Exil lebende ehemalige Chefredakteur der türkischen Zeitung "Cumhuriyet", Can Dündar, soll auf die internationale Fahndungsliste der Polizeiorganisation Interpol gesetzt werden. Dazu forderte ein Gericht in Istanbul das Justizministerium in Ankara am 16.10.2018 auf, wie Dündars Anwalt Bülent Utku gegenüber der Presse bestätigte. Auch nach dem im Ausland lebenden "Cumhuriyet"-Journalisten Ilhan Tanir soll mittels einer "Red Notice" gesucht werden.
Terrorvorwürfe wegen regierungskritischer Artikel
Bereits im April 2018 hatte das Gericht einen solchen Fahndungsbefehl für Dündar angeordnet. Anwalt Utku sagte, die endgültige Entscheidung liege jedoch beim Justizministerium in Ankara. Die Anordnung des Gerichts erfolgte bei der Fortsetzung eines Prozesses wegen Terrorvorwürfen gegen Dündar und Tanir. Dabei geht es um Veröffentlichungen aus dem Jahr 2015 in der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet", die Waffenlieferungen der türkischen Regierung an islamistische Rebellen in Syrien belegen sollen. Ende April 2018 waren unter anderem wegen des Artikels führende Mitarbeiter der "Cumhuriyet" zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Damals wurde das Verfahren von Dündar und Tanir abgetrennt, weil die beiden Journalisten im Ausland leben.
Länderübergreifende Kooperation mittels "Red Notice"
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte bei seinem Deutschlandbesuch Ende September 2018 die Auslieferung Dündars gefordert. Wenn ein Mitgliedsland einen Verdächtigen zur Fahndung ausschreiben will, informiert Interpol mit einer "Red Notice" ("rote Notiz" oder "rote Ausschreibung") und steuert die länderübergreifende Kooperation. Jedes Land entscheidet selbst, ob es dem Fahndungsaufruf nachkommt.
Redaktion beck-aktuell, 17. Oktober 2018 (dpa).
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