Eine Schadenersatzklage des deutschen "Welt"-Reporters Deniz Yücel wegen seiner einjährigen
Untersuchungshaft in der Türkei muss nun doch geprüft werden. Das habe ein Berufungsgericht in Istanbul entschieden, wie Yücels Anwalt, Veysel Ok, gegenüber der Presse am 21.05.2019 bestätigte.
Gericht: Schadenersatzklage auch ohne Prozessabschluss möglich
Ein untergeordnetes Gericht hatte die Schadenersatzklage Yücels im
September 2018 mit der Begründung abgelehnt, dass der Prozess gegen Yücel
noch nicht abgeschlossen sei. Das Berufungsgericht entschied nach
Angaben von Ok nun, dass die Entschädigungsklage auch ohne Urteil im
Verfahren gegen Yücel bewertet werden müsse.
Ein Jahr Gefängnis ohne Anklageschrift
Yücel war bis Februar 2018 ein Jahr lang ohne Anklageschrift im
Hochsicherheitsgefängnis Silivri bei Istanbul inhaftiert gewesen. Er
hatte die türkische Regierung zu einer Zahlung von 2,98 Millionen
Lira (rund 440. 000 Euro) Entschädigung verklagt. Die Summe setzt sich
nach Angaben des Anwalts zusammen aus Entschädigungen für die
Verdienstausfälle und Anwaltskosten sowie Schmerzensgeld wegen
Freiheitsberaubung.
Anklage nach Ausreise erhoben
Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis durfte Yücel ausreisen.
Gleichzeitig wurde Anklage wegen Terrorpropaganda und Volksverhetzung
erhoben. Der Prozess gegen den Journalisten wird am 16.07.2019 in
Istanbul fortgesetzt.
Redaktion beck-aktuell, 22. Mai 2019 (dpa).
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