Türkei: Deutsche-Welle-Journalist zieht vor Verfassungsgericht

Er kritisierte einen Bauunternehmer, der der Regierung von Recep Tayyip Erdoğan nahesteht. Nach einem Urteil schwebt nun das Damoklesschwert Gefängnis über dem Journalisten Bülent Mumay. Sein Arbeitgeber, die Deutsche Welle (DW),  will vor das türkische Verfassungsgericht ziehen.

Mumay war im Mai 2023 nach Kritik an einem regierungsnahen Bauunternehmen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Ein Berufungsgericht hat die Strafe gegen den Journalisten nun bestätigt. Er darf sich jetzt nichts weiter zuschulden kommen lassen, sonst droht ihm Haft. Das teilten der Sender Deutsche Welle (DW) und die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", für die Mumay arbeitet, mit.

Die Deutsche Welle kündigte zudem an, vor das türkische Verfassungsgericht zu ziehen. Mumay sagte der Deutschen Presse-Agentur, schon kleinere Vergehen könnten dazu führen, dass er verhaftet werde. Ziel sei, damit Druck auszuüben und ihn einzuschüchtern. Hintergrund des Urteils sind Beiträge auf der Plattform X aus dem Jahr 2020. Die betroffene Firma hatte nach Angaben der "FAZ", für die Mumay auch arbeitet, erwirkt, dass Berichte über einen Bauskandal in der Presse und den sozialen Medien unterbunden werden. Mumay habe unter anderem den Beschluss der Zugangssperre öffentlich gemacht und sei verurteilt worden, weil er angeblich "persönliche Daten" illegal veröffentlicht habe.

DW-Intendant Peter Limbourg bezeichnete die Vorwürfe als haltlos und sagte: "Bülent Mumay ist ein unerschrockener, erfahrener und kritischer Journalist, der anscheinend vom türkischen Machtapparat zum Schweigen gebracht werden soll." Die Herausgeber der "FAZ" erklärten: "Wir weisen jeglichen Versuch zurück, Berichterstatter politisch und juristisch zu drangsalieren."

Mumay schreibt für die "FAZ" regelmäßig die Kolumne "Brief aus Istanbul" und ist Koordinator der Redaktion DW Türkisch in Istanbul. Die Türkei hatte vor zwei Jahren die Internetseiten der DW in der Türkei sperren lassen. Die Rundfunkbehörde begründete die Entscheidung damit, dass die Deutsche Welle nicht die erforderliche Zulassung habe. Beobachter halten die Maßnahme für politisch motiviert.

Redaktion beck-aktuell, bw, 26. August 2024 (dpa).