Am Wochenende erklärte Trump auf seinem eigenen Sozialen Netzwerk, Truth Social, er wolle "Gerechtigkeit walten lassen", und forderte von US-Justizministerin Pam Bondi umgehende Ermittlungen gegen einige seiner prominentesten Kritikerinnen und Kritiker, wie unter anderen npr berichtete. Dazu gehören der frühere FBI-Direktor James Comey, die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James sowie der demokratische Senator Adam Schiff aus Kalifornien. "Wir können nicht länger warten, es zerstört unseren Ruf und unsere Glaubwürdigkeit", so Trump.
Trump hatte Comey 2017 gefeuert. Der FBI-Chef hat nach Ansicht des US-Präsidenten in der E-Mail-Affäre um Hillary Clinton schwere Fehler gemacht und seine Amtsbefugnisse überschritten. James ist Trump ein Dorn im Auge, seitdem sie 2022 ein zivilgerichtliches Verfahren wegen Finanzbetrugs gegen ihn angestrebt hatte. Als Vorsitzender des Geheimdienstausschusses leitete Schiff unter anderem Untersuchungen zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen Trump wegen der Ukraine-Affäre.
Lindsey Halligan neue Chefanklägerin in Virginia
Nur kurz vor der Ankündigung Trumps hatte Erik Siebert, ein oberster Bundesstaatsanwalt aus Virginia, sein Amt niedergelegt. Siebert, der bisher eng mit dem Justizministerium in Washington zusammengearbeitet hatte, weigerte sich aus Gewissensgründen, die Anweisungen des US-Präsidenten umzusetzen. Er wolle keine Anklage gegen die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James erheben, da es an Beweisen fehle.
Die Trump-Regierung konterte sofort: Lindsey Halligan, die bisher als Sonderassistentin des Präsidenten tätig gewesen war, erhält Sieberts Job. Und das, obwohl Halligan über keinerlei Erfahrung als Staatsanwältin verfügt. Halligan hatte Trump nach der Durchsuchung seines Anwesens Mar-a-Lago vertreten. Zuletzt hatte die Juristin Trump dabei unterstützt, das aus seiner Sicht "unangemessene Gedankengut" aus den Smithsonian-Museen zu entfernen.
Wer nicht mitspielt, wird gefeuert
Im Mittelpunkt der Ankündigung des US-Präsidenten steht dabei auch Justizministerin Pam Bondi. Diese hatte bereits bei ihrem Amtsantritt erklärt, dass die Anwältinnen und Anwälte des Justizministeriums die des Präsidenten seien. Wer sich weigert, im Sinne des Präsidenten zu handeln, riskiert, entlassen zu werden. Allein in diesem Jahr feuerte das Justizministerium rund 200 Mitarbeitende. Schätzungen zufolge sollen insgesamt etwa 4.700 Mitarbeitende das Justizministerium verlassen haben.
Ehemalige Mitarbeitende des Justizministeriums bezeichnen diese Entwicklung als "gefährlich". Darunter Stacey Young, die inzwischen die Selbsthilfegruppe Justice Connection leitet, die Mitarbeitende des Justizministeriums unterstützt. Sie ist der Ansicht, dass Trump die Rechtsstaatlichkeit untergrabe.
Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, verteidigte Trumps Vorgehen. Der Präsident sei frustriert über den Gesetzgeber sowie Beamtinnen und Beamte, die gegen ihn ermitteln. Leavitt erklärte, Trump erfülle das Versprechen eines Justizministeriums, das Verantwortung einfordere. Es sei kein Missbrauch der Behörde, diejenigen zu verfolgen, die das Justizministerium politisierten.
US-Regierung missachtet Rechtsordnung
Beobachterinnen und Beobachter zeigen sich besorgt über die enge Verflechtung zwischen dem US-Präsidenten und dem Justizministerium. "In dieser Situation haben wir einen Präsidenten, der offen und unverhohlen damit prahlt, seine politischen Gegner zu bestrafen", erklärt Stephen Saltzburg, Rechtsprofessor an der George Washington University gegenüber npr. Anwältinnen und Anwälte würden offenbar unter Druck gesetzt werden, Kritikerinnen und Kritiker des Präsidenten das Leben schwer zu machen. Gleichzeitig begnadige das Justizministerium Trump-Unterstützer – darunter auch Personen, die am Sturm auf das Kapitol beteiligt waren.
Harvard-Rechtsprofessor Jack Goldsmith weist in seinem Newsletter Executive Functions darauf hin, dass die Verfassungstreue der Trump-Beamten zunehmend mit deren Handlungen in Konflikt gerate. Selbst die weitreichenden Befugnisse des US-Präsidenten könnten es nicht rechtfertigen, weiterhin für eine Regierung zu arbeiten, die offen die Rechtsordnung missachtet.
"Die Ankündigungen des Präsidenten sind so unvereinbar mit der langjährigen Praxis, für Gerechtigkeit und Fairness zu sorgen, dass kein Bundesrichter damit einverstanden sein dürfte", so auch Saltzburg.


