Viele der ersten Amtshandlungen Donald Trumps waren voraussehbar und dennoch schockierend für Völkerrechtlerinnen und Völkerrechtler. Unter den vielen Beispielen stellt etwa der Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen einen schweren Schlag für das internationale Klimaschutzrecht und den globalen Schutz der Menschenrechte dar.
Die Umbenennung des Golfs von Mexiko in "Golf von Amerika" war dagegen überraschend und erschien zunächst eher unter die Kategorie "Kurioses" zu fallen. Sie wurde vor allem von Comedians dankbar aufgegriffen. Neben vielen Lachern führte der Schritt aber auch zu internationaler Empörung, dem Ausschluss der Nachrichtenagentur AP aus dem Weißen Haus und nun sogar zur Ankündigung Mexikos, gerichtlich gegen die Umbenennung vorzugehen. Allerdings nicht gegen die USA, die hat sich ohnehin nicht der Jurisdiktion des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag (IGH) oder des Seegerichtshofs in Hamburg unterworfen, sondern gegen das private Unternehmen Google.
Rechtliche Schritte Mexikos
In Reaktion auf die Executive Order des US-Präsidenten mit dem klingenden Titel "Restoring Names that Honor American Greatness" – in der sich auch die Umbenennung des Golfs von Mexiko findet – sehen Nutzerinnen und Nutzer von Google Maps in den USA nur noch die Bezeichnung "Golf von Amerika", während man in Mexiko den ursprünglichen Namen angezeigt bekommt und der Rest der Welt beide Bezeichnungen sieht. Interessanterweise wird dabei der Bezeichnung "Golf von Mexiko" der Vorrang eingeräumt und die Bezeichnung "Golf von Amerika" nur in Klammern angefügt. Dieser Kompromiss findet sich auch für andere umstrittene internationale Gewässer, etwa beim "persischen Golf", der auch als "arabischer Golf" bezeichnet wird.
Dieses Vorgehen scheint der mexikanischen Präsidentin Claudia Sheinbaum allerdings nicht zu genügen. Nach einem Briefwechsel mit Google äußerte sie öffentlich, rechtliche Schritte gegen das Unternehmen zu erwägen. Der Vorwurf: Die Kartierungsdienste des Tech-Konzerns hätten die Bezeichnung "Golf von Amerika" übernommen, obwohl es keine völkerrechtliche Grundlage dafür gebe, und würden sogar über die Anordnung des US-Präsidenten hinausgehen. Dabei berief sie sich insbesondere auf das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ) und argumentierte, eine Namensänderung wäre nur innerhalb der Hoheitsgewässer der USA möglich. Tatsächlich ist die Erstreckung der Bezeichnung "Golf von Amerika" auf die gesamte Bucht völkerrechtlich nicht unproblematisch.
Völkerrechtliches Neuland?
Völkerrechtliche Streitigkeiten über Namensgebung sind nicht vollkommen neu. Neben Fragen des Kulturgüterschutzes (immaterielles Kulturerbe), des geistigen Eigentums und dem Schutz von Herkunftsbezeichnungen (zB Parmaschinken etc.) denkt man als Völkerrechtler unwillkürlich an den lange währenden Streit über die Verwendung der Bezeichnung "Mazedonien" zwischen Griechenland und dem heutigen "Nordmazedonien", die sogar vor dem IGH landete. Allerdings ging es in dem im Jahr 2011 entschiedenen Verfahren nur peripher um die Namensgebung, sondern um das, auf Grund der Namensstreitigkeit ausgesprochene, griechische Veto gegen den NATO-Beitritt der Republik Mazedonien und dessen (Un-)Vereinbarkeit mit einem bilateralen Abkommen. Überdies war der Streit strukturell anders gelagert, da es um die Bezeichnung eines Staates und das Recht zur Führung eines Namens ging, der bereits für eine Region innerhalb der Grenzen Griechenlands geläufig war, nicht um die Umbenennung einer geografischen Gegebenheit.
Vergleichbar sind dagegen Streitigkeiten mehrerer Anrainer des persischen Golfs mit dem Iran. Letzterer widersetzt sich seit Jahrzehnten einer teilweise befürworteten Umbenennung in "arabischen Golf". Dabei kam es etwa im Jahr 2004 zu einer Welle iranischer Proteste gegen das Magazin "National Geographic", als dieses in seinem "Atlas of the World" die Bezeichnung "Arabian Gulf" in Klammern hinter die Bezeichnung "persischer Golf" gesetzt hatte. Die iranische Regierung verbot daraufhin "National Geographic" im Iran und verwies Journalistinnen und Journalisten des Magazins des Landes.
Inwiefern eine solche Umbenennung durch einen Staat mit dem Völkerrecht vereinbar ist, ist in der völkerrechtlichen Literatur allerdings nur sehr vereinzelt diskutiert worden. Eine Entscheidung eines internationalen Gerichts zu dieser Frage gibt es soweit ersichtlich nicht. Insgesamt ist festzustellen, dass es auf internationaler Ebene kein spezifisches Regelwerk zur Änderung geografischer Namen gibt. Zwar gibt es eine Expertengruppe der Vereinten Nationen für geografische Namen, deren Arbeit auch auf die Standardisierung geografischer Bezeichnungen zielt. Diese Expertengruppe verfügt aber nicht über die Kompetenz, derartige Bezeichnungen abschließend festzulegen. Gleiches gilt für die International Hydrographic Organization (IHO), die auch eine technische Kooperation zur Kartierung der Weltmeere umfasst. Ausweislich ihres Gründungsvertrages kommt der IHO aber primär eine beratende Funktion zu.
Die Verfassung der Meere und deren Bezeichnung
Die Verfassung der Meere, wie das Seerechtsübereinkommen vielfach bezeichnet wird, beinhaltet zunächst ebenfalls keine expliziten Regelungen zur korrekten Bezeichnung einer "umfassend oder weitgehend umschlossenen Meeresbucht" (so die Definition eines "Golfs" in Artikel 122 SRÜ) oder anderer geografischer maritimer Gegebenheiten. Überdies sind die USA nicht Vertragspartei des Abkommens. Viele zentralen Regelungen des SRÜ geben allerdings universelles Gewohnheitsrecht wieder und sind insofern auch für die USA bindend.
Dies gilt auch für die Regelung zur sogenannten Zwölf-Meilen-Reichweite der direkt an die Küste angrenzenden Hoheitsgewässer. Über dieses Küstengewässer übt die USA ihre souveränen Rechte aus, was grundsätzlich auch die Umbenennung erlaubt, da es keine anderweitigen Regelungen hierzu gibt. Die USA stellen sich nun in der genannten Executive Order implizit auf den Standpunkt, das Recht zur Namensgebung würde sich auch auf das Gewässer oberhalb des US-Kontinentalschelfs erstrecken, der weit über das Hoheitsgewässer hinausgeht. So wird die Namensänderung für das gesamte Gebiet oberhalb des US-Kontinentalschelfs angeordnet, wobei lediglich Gebiete jenseits der seewärtigen Grenzen zu Kuba und Mexiko ausgenommen sind.
Rechtlich gesehen muss man dazu wissen, dass sich die Rechte der USA in Bezug auf den Kontinentalschelf primär auf Rechte zur Ausbeutung der Ressourcen im Meeresgrund beschränken. Rechte in Bezug auf das darüberliegende Gewässer bleiben davon unberührt (Artikel 78 I SRÜ). Allerdings kommen den USA beschränkte Rechte in Bezug auf diese Gewässer im Rahmen der Regelungen zur ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) zu. Diese erstreckt sich über 200 Seemeilen ab der Küstenlinie und damit weit über das territoriale Hoheitsgewässer hinaus. Allerdings stehen in diesem Bereich dem Küstenstaat, hier den USA, nur eingeschränkte Souveränitätsrechte zu (Artikel 56 SRP). Zudem findet sich eine Klausel, die von den Mitgliedsstaaten verlangt, mögliche Interessenkonflikte über ungeregelte Fragen einvernehmlich und kooperativ zu lösen (Artikel 59 SRÜ; vgl. auch Artikel 123 SRÜ zu Kooperationspflichten der Anrainerstaaten eines Golfs) – wobei allerdings die Frage im Raum steht, inwiefern Letzteres auch gewohnheitsrechtlich gilt.
Ein explizites Recht zur Namensgebung für Gewässer innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone findet sich jedenfalls nicht. Allenfalls ließe sich argumentieren, wenn dem Küstenstaat schon die exklusive wirtschaftliche Nutzung zusteht, müsste doch auch eine bloße Umbenennung erlaubt sein. Andererseits geht das Seerecht davon aus, dass hier nur eingeschränkt Jurisdiktion ausgeübt werden kann, wobei die besonderen Rechte des Küstenstaats abschließend aufgeführt werden. Insofern erscheint es durchaus plausibel, die USA zur Änderung historisch gewachsener und international gebräuchlicher Bezeichnungen auf Verhandlungen mit den anderen Anrainerstaaten, hier insbesondere Mexiko und Kuba, zu verweisen. So wird in der Literatur argumentiert, historisch gewachsene Bezeichnungen für internationale Gewässer würden eine Art gewohnheitsrechtlichen Status einnehmen und seien danach nicht unilateral veränderlich, es sei denn, die anderen Anrainer widersprächen nicht, was hier allerdings ausweislich der Proteste Mexikos nicht der Fall ist. Abschließend geklärt ist diese Rechtsfrage jedoch nicht.
Fazit
Während die USA innerhalb ihres Hoheitsgebiets Bezeichnungen für geografische Objekte weitestgehend frei ändern können, ist die Erstreckung dieser Befugnis auf Gewässer innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszone nicht zweifelsfrei geklärt. Dennoch dürfte jedenfalls die Praxis Googles, den gesamten Golf von Mexiko als "Golf von Amerika" zu bezeichnen, sowohl über die Anordnung Trumps als auch die Grenzen des Völkerrechts hinausgehen. Obwohl Google als privater Akteur nicht formal an Seegewohnheitsrecht gebunden ist, würde eine völkerrechtsfreundliche Ausgestaltung zumindest eine deutlich sichtbare Begrenzung der Bezeichnung "Gulf of America" für alle Nutzerinnen und Nutzer auf Gebiete innerhalb der AWZ der USA, wenn nicht sogar eine Begrenzung auf die territorialen US-Hoheitsgewässer verlangen. Dadurch könnte das Unternehmen auch ein Zeichen gegen die Großraumambitionen der USA setzen und dem Versuch, einseitig die internationale Geografie neu zu bestimmen, entgegentreten.
Dr. Andreas Buser ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FU Berlin.