Top­ban­ker müs­sen meh­re­re Jahre um ihre Boni ban­gen

Top­ban­kern soll es bei Ver­feh­lun­gen künf­tig an den Geld­beu­tel gehen: Haben sie sich Gra­vie­ren­des zu Schul­den kom­men las­sen oder mas­si­ve Ver­lus­te ver­ur­sacht, sol­len sie be­reits er­hal­te­ne Boni zu­rück­zah­len müs­sen. Das sieht die neu­ge­fass­te In­sti­tuts­ver­gü­tungs­ver­ord­nung vor, die zum 01.03.2017 in Kraft tritt.

Was ist der Grund für die Re­ge­lung?

Boni gel­ten als Mit­aus­lö­ser der schwe­ren Fi­nanz­kri­se der Jahre 2008/2009, weil sie Ban­ker zu hohen Ri­si­ken ver­lei­te­ten. Daher gibt es in­zwi­schen stren­ge­re Re­geln. "Ge­ra­de im Ban­ken­be­reich ist diese mas­si­ve Ver­schär­fung der Boni-Vor­schrif­ten fol­ge­rich­tig", ar­gu­men­tiert Bun­des­fi­nanz­mi­nis­ter Wolf­gang Schäub­le. "Denn bei der Auf­ar­bei­tung der Fi­nanz­kri­se hat sich ge­zeigt, dass die Fest­stel­lung eines mög­li­chen Fehl­ver­hal­tens meh­re­re Jahre in An­spruch neh­men kann", schrieb der CDU-Po­li­ti­ker jüngst in einem Gast­bei­trag für das "Han­dels­blatt".

Wel­che In­sti­tu­te und wel­che Mit­ar­bei­ter sind be­trof­fen?

Die Rück­for­de­rung von Boni – "Cla­w­back" ge­nannt – gel­ten für Kre­dit­in­sti­tu­te mit einer Bi­lanz­sum­me von mehr als 15 Mil­li­ar­den Euro, der­zeit sind 50 Geld­häu­ser in Deutsch­land be­trof­fen. Sie müs­sen so­ge­nann­te Ri­si­ko­trä­ger iden­ti­fi­zie­ren. Das sind Vor­stands­mit­glie­der, die Füh­rungs­ebe­ne dar­un­ter, aber auch aus­ge­wähl­te Mit­ar­bei­ter, die etwa hohe Kre­di­te ver­ge­ben, wie Mar­tin Em­me­rich er­klärt, Lei­ter für Fi­nanz­dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men beim Be­ra­tungs­un­ter­neh­men Wil­lis Towers Wat­son: "Die Ban­ken müs­sen re­gel­mä­ßig über­prü­fen, wer Ri­si­ko­trä­ger ist und wer nicht, die Fi­nanz­auf­sicht Bafin kon­trol­liert das."

Was droht die­sen Bank­ma­na­gern?

Wenn ein Top-Ban­ker "ma­ß­geb­lich" am Ent­ste­hen er­heb­li­cher Ver­lus­te oder Stra­fen für das In­sti­tut be­tei­ligt be­zie­hungs­wei­se dafür ver­ant­wort­lich war, soll der be­reits ge­zahl­te Bonus bis zu sie­ben Jahre zu­rück­ge­for­dert wer­den kön­nen. Das gilt auch für den Fall, dass der Ma­na­ger re­le­van­te ex­ter­ne oder in­ter­ne Ver­hal­tens­re­geln "in schwer­wie­gen­dem" Maß ver­letzt hat.

Ist das in der Pra­xis so ein­fach fest­stell­bar?

In der Pra­xis dürf­te das nach Ein­schät­zung von Petra Knab-Hä­ge­le, Lei­te­rin des Ban­ken­be­reichs bei der Un­ter­neh­mens­be­ra­tung hkp-Group, al­ler­dings nicht immer ganz ein­fach zu klä­ren sein: "Was ist ein er­heb­li­cher Ver­lust, was ist ma­ß­geb­lich?" Greift ein Ban­ker in die Kasse oder be­tei­ligt sich an Ma­ni­pu­la­tio­nen bei­spiels­wei­se von Zins­sät­zen wie im Libor-Skan­dal, dürf­te der Bonus futsch sein. "Es muss sich um gra­vie­ren­de Taten han­deln, daher wer­den wir wohl nicht allzu häu­fig er­le­ben, dass Kre­dit­in­sti­tu­te die Bo­nus­zah­lung zu­rück­for­dern", sagt die Ex­per­tin. Ähn­lich sieht das auch Em­me­rich: "Es ist keine Pra­xis, die an der Ta­ges­ord­nung ist. Die Re­ge­lung gibt es in den USA und Großbri­tan­ni­en schon län­ger und sie wurde nur in gro­ßen Ein­zel­fäl­len an­ge­wandt." Ob und wie die Vor­schrif­ten in Deutsch­land grei­fen, "wer­den wahr­schein­lich Ar­beits­ge­rich­te ent­schei­den", sagt der Ex­per­te vor­aus.

Was gibt es noch für Be­schrän­kun­gen?

Be­reits seit 2014 dür­fen Ban­ker in der EU nicht mehr Bonus er­hal­ten als Fest­ge­halt. Nur wenn die Ak­tio­nä­re zu­stim­men, darf der Bonus ma­xi­mal das Dop­pel­te des Grund­ge­halts be­tra­gen. Zudem dür­fen die Son­der­zah­lun­gen in der Fi­nanz­bran­che zum Gro­ß­teil nicht mehr so­fort aus­ge­zahlt, son­dern müs­sen über meh­re­re Jahre ge­streckt wer­den. "Das Maß­nah­men­pa­ket, das seit der Fi­nanz­kri­se ge­schnürt wurde, wird si­cher seine Wir­kung zei­gen", sagt Ak­tio­närs­ver­tre­te­rin Chris­tia­ne Hölz von der Deut­schen Schutz­ver­ei­ni­gung für Wert­pa­pier­be­sitz (DSW). "Be­trugs­de­lik­te wird man al­ler­dings nicht ver­hin­dern kön­nen."

Wer­den Bo­nus­ex­zes­se durch die neue Be­stim­mung ver­hin­dert?

Be­ob­ach­ter sind skep­tisch. "Ich glau­be nicht, dass der Cla­w­back der Hebel ist. Wich­ti­ger war die Be­gren­zung der Boni im Ver­hält­nis zum Fest­ge­halt", sagt Be­ra­ter Knab-Hä­ge­le. Em­me­rich sieht in der Rück­for­de­rung bes­ten­falls ein Zu­satz­in­stru­ment, um Ex­zes­se zu be­gren­zen.

Gibt es wei­te­re Vor­ha­ben?

Im Wahl­jahr ist die Dis­kus­si­on um eine ge­ne­rel­le Be­gren­zung von Ma­na­ger­ge­häl­tern wie­der auf­ge­flammt. Die SPD will die steu­er­li­che Ab­setz­bar­keit bei va­ria­blen Ge­halts­be­stand­tei­len auf je­weils 500.000 Euro be­gren­zen. Ge­häl­ter sind als Be­triebs­aus­ga­ben beim Fis­kus steu­er­lich ab­setz­bar. Die Union zeig­te sich zu­letzt offen, eine Ge­set­zes­ver­schär­fung mit­zu­tra­gen. Das Thema bleibt aber strit­tig. Zudem will die SPD ein Ma­xi­mal­ver­hält­nis der Ver­gü­tung von Ma­na­gern zum Durch­schnitts­ein­kom­men der Ar­beit­neh­mer fest­le­gen.

Redaktion beck-aktuell, Friederike Marx und Jörn Bender, 20. Februar 2017 (dpa).

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