Tön­nies weist Kri­tik an 15 Fir­men­neu­grün­dun­gen zu­rück

Deutsch­lands grö­ß­ter Fleisch­ver­ar­bei­ter Tön­nies hat Vor­wür­fe zu­rück­ge­wie­sen, mit Fir­men­neu­grün­dun­gen die ges­tern be­schlos­se­ne Ab­schaf­fung von Werk­ver­trä­gen und Leih­ar­bei­tern in der Bran­che ab 2021 um­ge­hen zu wol­len. Tön­nies hatte zu­letzt 15 so­ge­nann­te Vor­rats­ge­sell­schaf­ten am Amts­ge­richt Gü­ters­loh für Rheda-Wie­den­brück ins Han­dels­re­gis­ter ein­tra­gen las­sen.

Ge­sell­schaf­ten nur "vor­sorg­lich ge­grün­det"

"Wir haben an­ge­kün­digt, alle Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter in den Kern­be­rei­chen der Pro­duk­ti­on di­rekt an­zu­stel­len. Dabei bleibt es un­ein­ge­schränkt. Wir sind be­reits mit­ten in die­sem Pro­zess, da wir Mitte Sep­tem­ber die ers­ten 1.000 ehe­ma­li­gen Werk­ver­trags­ar­bei­ter fest ein­ge­stellt haben wol­len", sagte ein Kon­zern­spre­cher am 30.07.2020 der Deut­schen Pres­se-Agen­tur. Die Grün­dung der Vor­rats­ge­sell­schaf­ten sei ein völ­lig nor­ma­ler Vor­gang in einem in­ter­na­tio­na­len Kon­zern. "Für die Fest­an­stel­lun­gen braucht es recht­li­che Grund­la­gen. Es ist mo­men­tan noch völ­lig un­klar, wel­che Or­ga­ni­sa­ti­ons­for­men das ge­plan­te Ge­setz vor­sieht. Vor­sorg­lich haben wir des­halb diese Ge­sell­schaf­ten ge­grün­det", sagte der Spre­cher. Mit die­sen Ge­sell­schaf­ten könne Tön­nies Di­rekt­ein­stel­lun­gen an ver­schie­de­nen Stand­or­ten und für die ver­schie­de­nen Ge­sell­schaf­ten im Kon­zern schnell um­set­zen.

Ge­setz­ent­wurf: In Fleisch­in­dus­trie künf­tig weder Werk­ver­trags- noch Leih­ar­beit

Das Bun­des­ka­bi­nett hatte am 29.07.2020 die ge­plan­ten schär­fe­ren Re­geln für die Fleisch­in­dus­trie auf den Weg ge­bracht. Der Ge­setz­ent­wurf von Bun­des­ar­beits­mi­nis­ter Hu­ber­tus Heil (SPD) sieht vor, dass in grö­ße­ren Be­trie­ben der Bran­che ab dem 01.01.2021 im Kern­ge­schäft Schlach­tung, Zer­le­gung und Fleisch­ver­ar­bei­tung keine Werk­ver­trags­ar­bei­ter und ab 01.04.2021 auch keine Leih­ar­bei­ter mehr be­schäf­tigt wer­den dür­fen. Bei Ver­stö­ßen dro­hen Bu­ß­gel­der. Aus­ge­nom­men sind Flei­scher­hand­werks­be­trie­be mit ma­xi­mal 49 Mit­ar­bei­tern.

Heil: Tön­nies kann "50er-Re­ge­lung" gar nicht um­ge­hen

Heil schrieb bei Twit­ter zum Vor­wurf, Tön­nies wolle die Hürde von 50 Mit­ar­bei­tern beim Werk­ver­trags­ver­bot um­ge­hen: "Nein (...) Die 50er-Re­ge­lung gilt nur für Hand­werks­un­ter­neh­men."

Ge­werk­schafts­ver­tre­ter äu­ßert Zwei­fel an Mo­ti­ven

Fred­dy Adjan von der Ge­werk­schaft Nah­rung Ge­nuss Gast­stät­ten (NGG), äu­ßer­te Zwei­fel an der Dar­stel­lung von Tön­nies. "Die Fleisch­in­dus­trie hat in der Ver­gan­gen­heit sehr viel krea­ti­ve En­er­gie auf­ge­bracht, um Ge­set­ze zu um­ge­hen. Herr Tön­nies hat das men­schen­ver­ach­ten­de Sys­tem der Werk­ver­trä­ge über fast zwei Jahr­zehn­te in sei­nen Un­ter­neh­men per­fek­tio­niert", sagte Adjan der "Rhei­ni­schen Post" (Aus­ga­be vom 31.07.2020). Daher sei es wenig glaub­haft, dass es sich bei den Grün­dun­gen von Toch­ter­ge­sell­schaf­ten le­dig­lich um Vor­sor­ge­maß­nah­men han­deln solle, sagte der Ge­werk­schafts­ver­tre­ter. Statt Toch­ter­ge­sell­schaf­ten zu grün­den, solle Cle­mens Tön­nies lie­ber dafür sor­gen, dass die Fleisch­in­dus­trie mit NGG all­ge­mein­ver­bind­li­che Ta­rif­ver­trä­ge für die ge­sam­te Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ab­schlie­ßt, for­der­te Adjan.

Redaktion beck-aktuell, 30. Juli 2020 (dpa).

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