Tausende bei Solidaritätskundgebung für polnische Richter in Warschau

Tausende Richter, Juristen und andere Bürger aus rund 20 Staaten Europas und auch aus Deutschland haben am 11.01.2020 in Warschau gegen Gesetzespläne der polnischen Regierung protestiert, die die Unabhängigkeit der Justiz weiter einschränken könnten. Der als "Marsch der tausend Roben" angekündigte Solidaritätsmarsch durch das Stadtzentrum vom Obersten Gerichtshof zum Parlamentsgebäude richtete sich nach Angaben der polnischen Richtervereinigung Iustitia gegen Pläne der rechtskonservativen polnischen Regierung zur "Disziplinierung" von Richtern.

Vorlage sieht Strafen für kritische Richter vor

Die vom Parlament noch nicht endgültig beschlossene Gesetzesvorlage soll nach Ansicht der Gegner dazu dienen, polnische Richter zu bestrafen, die sich kritisch über die Justizreformen der Regierung äußern. Das Gesetzesvorhaben stehe damit in Widerspruch zu den Grundsätzen der Europäischen Union. Unter anderem sei darin vorgesehen, dass Richter künftig mit Geldstrafen, Herabstufung oder Entlassung rechnen müssen, wenn sie die Legalität oder die Entscheidungskompetenz eines anderen Richters, eines Gerichts oder einer Kammer infrage stellen.

Auch Barley und DRB gegen Gesetzesvorlage

Vor den Auswirkungen des Gesetzes warnte zuletzt auch SPD-Europapolitikerin Katarina Barley eindringlich: "Das ist hochdramatisch, weil es die Grundfesten der EU infrage stellt, nämlich den Vorrang des Europarechts", sagte die Vize-Präsidentin des Europaparlaments am 09.01.2020 in Brüssel. Der Deutsche Richterbund DRB forderte das polnische Parlament auf, den umstrittenen Gesetzesentwurf zu stoppen. "Vertreter des Richterbundes protestieren heute gemeinsam mit ihren polnischen Kollegen gegen den Raubbau am Rechtsstaat in Polen", teilte der DRB schriftlich mit. Die polnische Regierung versuche immer unverhohlener, die Unabhängigkeit der Justiz zu untergraben und Gerichte unter ihren Einfluss zu bringen. Die neue EU-Kommission müsse den Druck auf Warschau erhöhen, "sollte die polnische Regierung ihren Irrweg fortsetzen", forderten die DRB-Co-Vorsitzenden Barbara Stockinger und Joachim Lüblinghoff am 11.01.2020 in Berlin. Die EU müsse die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Rechtsstaatlichkeit in allen Mitgliedstaaten wirksam zu schützen. 

Redaktion beck-aktuell, 13. Januar 2020 (dpa).

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