Steuerausschuss des EU-Parlaments nimmt Steueroasen in den Blick

Der neue Unterausschuss für Steuerfragen des Europäischen Parlaments will künftig die Debatte über Steuerfragen anführen. Dies betonte der Vorsitzende Paul Tang (S&D, Niederlande) in einem Interview. Er äußerte sich auch zur Corona-Pandemie. "Indem wir nach Möglichkeiten suchen, diejenigen zu besteuern, die ihren gerechten Anteil nicht zahlen – Schwerreiche und Großunternehmen –, können wir diese Krise auf gerechte Weise bewältigen", sagte er.

Reiche nach Krise heranziehen

Die Regierungen gäben derzeit – zu Recht – Milliarden aus, um Leben und Existenzgrundlagen zu retten. Die entstandenen Schulden müssten jedoch zurückgezahlt werden. Nach der letzten Krise sei mit Sparpolitik und Steuererhöhungen für die Mittelschicht ein Fehler begangen worden. Nur die Reichsten seien außen vor geblieben. Nun müsse es anders gemacht werden.

Mehr Nachhaltigkeit durch Steuern

Allein die Steuervermeidung von Konzernen belaufe sich pro Jahr auf zwischen 50 Milliarden und 190 Milliarden Euro, so Tang. Der Ausschuss werde sich dafür einsetzen, diese Ungerechtigkeit an der Wurzel des Wirtschaftssystems zu beheben. "Indem wir Steuern einsetzen, um die Verursacher von Umweltverschmutzung zur Kasse zu bitten, können wir Innovationen fördern und unsere Umwelt sanieren", sagte Tang außerdem.

Liste der Steueroasen in Bezug auf Drittstaaten nützlich

Tang nahm auch zu den Enthüllungen der letzten Jahre über Steuerhinterziehung, Steuervermeidung und Geldwäsche Stellung. Es habe unweigerlich eine Diskrepanz zwischen dem Vorgehen der Union gegenüber ihren Mitgliedstaaten und gegenüber Drittstaaten gegeben. Die Liste der Steueroasen außerhalb der EU habe sich als nützlich erwiesen, um bekannte Steueroasen unter Druck zu setzen. Sie sei alles andere als perfekt, wie die jüngste Streichung der Cayman-Inseln zeige. Aber sie sei ein Anfang.

Vorgehen in Bezug auf EU-Steueroasen anders

Für die EU-Länder hingegen müsste der Druck in erster Linie vom Europäischen Parlament ausgehen. "Im März 2019 bezeichneten wir sieben EU-Länder als Steueroasen, darunter mein Heimatland, die Niederlande", erläuterte Tang. Dies habe Einfluss auf die Debatte in den Niederlanden gehabt, wo immer mehr Leute der Ansicht seien, dass harte Reformen erforderlich seien. Sieben Steueroasen in der EU würden den Regierungen anderer EU-Mitgliedstaaten jährlich mehr als 40 Milliarden Euro kosten. "Ich bin zuversichtlich, dass im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität der Druck auf diese Regierungen zunehmen wird", bilanzierte Tang. Die Kommission sollte klar vorgeben: Steueroasen in der EU müssten ihr Steuersystem reformieren oder ihre Aufbau- und Resilienzpläne würden nicht genehmigt.

Redaktion beck-aktuell, 14. Oktober 2020.