Sturm im Hurrikan – Trump begnadigt berüchtigten Ex-Sheriff

US-Präsident Donald Trump hat mit seiner Begnadigung des berüchtigten Ex-Sheriffs Joe Arpaio inmitten von Hurrikan "Harvey" einen eigenen Sturm ausgelöst. Der heute 85 Jahre alte Arpaio hatte sich früher selber als "Amerikas härtester Sheriff" gerühmt. Arpaio, ein treuer Gefolgsmann Trumps schon vor dessen Wahlkampf, war wegen seiner äußerst harschen und erniedrigenden Behandlung von Gefangenen, seines harten Vorgehens gegen illegal eingewanderte Menschen und Gesetzesverstößen immer wieder in die Schlagzeilen geraten.

Sechs Monate Haft drohten

Während seiner langen Amtszeit wurden zahlreiche Strafanzeigen gegen ihn erstattet. Er war im Juli von einem Bundesgericht in Phoenix für schuldig befunden worden, als Sheriff eine gerichtliche Anordnung missachtet zu haben, wonach er die Diskriminierung und ethnische Verfolgung von Immigranten zu unterlassen habe. Ihm drohten sechs Monate Haft, das Strafmaß sollte im Oktober festgesetzt werden.

Kritik: Missachtung rechtsstaatlicher Prinzipien und der Gerichts

Trump machte seine äußerst umstrittene Entscheidung am 25.08.2017 publik, als der hochgefährliche Hurrikan "Harvey" kurz davor war, auf die texanische Küste zu treffen. Der Zeitpunkt der Begnadigung sorgte für noch größere Empörung. Zahlreiche Medien, Bürgerrechtsgruppen und Demokraten warfen Trump vor, mit seinem Schritt gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstoßen und die Gerichte missachtet zu haben. Kritik kam auch aus der republikanischen Ecke.

Transgender nicht mehr zum Militärdienst zugelassen

Während sich die Öffentlichkeit auf "Harvey" konzentrierte, unternahm Trump einen weiteren äußerst kontroversen Schritt: Er machte offiziell, dass Transgender nicht mehr zum Militärdienst zugelassen werden dürfen. Als Transgender werden Menschen bezeichnet, die sich nicht – oder nicht nur – mit dem Geschlecht identifizieren, das bei ihrer Geburt notiert wurde.

Gorka verlässt Beraterkreis

Ebenfalls am 25.08.2017 gab das Weiße Haus bekannt, dass nach Stephen Bannon ein weiterer Vertreter des nationalistisch-populistischen Flügels Trumps Beraterkreis verlassen hat: Sebastian Gorka, der sich in der Regierungszentrale vor allem mit Außenpolitik und Terrorabwehr beschäftigt hatte.

Gefängnis-Zeltstadt in Hitze Arizonas

Vor allem sorgte aber Trumps Begnadigung von Arpaio für politischen Wirbel. Dieser war von 1992 bis 2016 Sheriff des Bezirks Maricopa im Bundesstaat Arizona. In dieser Zeit hatte der Republikaner Tausende Latinos bei Razzien und Verkehrskontrollen aufgreifen lassen, obwohl nichts gegen sie vorlag. Am Rande von Phoenix richtete er in der glühenden Hitze Arizonas eine Gefängnis-Zeltstadt ein. Die Häftlinge zwang er, rosa Unterwäsche zu tragen – angeblich, weil diese Farbe eine beruhigende Wirkung habe. Die Mahlzeiten für die Gefangenen kürzte Arpaio auf zwei am Tag, das Essen war stets ohne Pfeffer und Salz zubereitet, aus finanziellen Gründen, argumentierte er. Unter ihm gab es auch die ersten Chain Gangs – Arbeitstrupps aneinandergeketteter Häftlinge – für Frauen und Jugendliche in den USA.

Ausübung des Begnadigungsrechts vor Strafverkündung ungewöhnlich

Trump hatte zwar bereits vor einigen Tagen angedeutet, dass er Arpaio begnadigen werde. Dennoch löste der Zeitpunkt so kurz nach der durch die Gewalteskalation in Charlottesville neu angefachte Rassismusdebatte Verwunderung aus: Trump riskiert damit, Öl ins Feuer zu gießen. Dass ein Präsident so frühzeitig in seiner Amtszeit von seinem Begnadigungsrecht Gebrauch macht und dazu auch noch, bevor eine Strafe überhaupt verkündet worden ist, gilt als äußerst ungewöhnlich. Der "Washington Post" zufolge hatte sich Trump schon vor Beginn des Gerichtsprozesses bei Justizminister und Chefankläger Jeff Sessions erkundigt, ob es möglich sei, das Verfahren gegen Arpaio einzustellen. Es sei aber gesagt worden, das wäre "unangemessen".

Trump: Begnadigung für "beispielhaft selbstlosen" und "bewundernswerten" Dienst an Nation

Der Präsident attestierte dem Ex-Sheriff in der Begründung für die Begnadigung einen "beispielhaft selbstlosen" und "bewundernswerten" Dienst an der Nation über 50 Jahre hinweg. Damit habe Arpaio eine Begnadigung verdient, hieß es in einer Mitteilung des Weißen Hauses – auch unter Hinweis auf das fortgeschrittene Alter des Ex-Sheriffs.

Kritik aus Politik und Medien

Die beiden republikanischen Senatoren aus Arizona, John McCain und Jeff Flake, beanstandeten Trumps Vorgehen. Arpaio habe illegal Latinos ins Visier genommen, twitterte McCain. Trump untergrabe mit dem Schritt "seinen Anspruch des Respekts der Rechtsstaatlichkeit". Auch der Top-Republikaner im Abgeordnetenhaus, Paul Ryan, erklärte, er stimme Trumps Entscheidung nicht zu, wie das "Wall Street Journal" unter Berufung auf einen Sprecher Ryans berichtete. Die führenden Demokraten im Abgeordnetenhaus und Senat, Nancy Pelosi und Chuck Schumer, warfen Trump vor, mit seinem Schritt der Diskriminierung von Minderheiten Vorschub geleistet und die Spaltung im Land weiter manifestiert zu haben. Das Magazin "New Yorker" sprach von Trumps "bislang schwerstem Machtmissbrauch".

Auswirkungen auf FBI-Ermittlungen in Affäre um russische Wahlbeeinflussung denkbar

Der Schritt löst auch vor dem Hintergrund der anhaltenden Ermittlungen der Bundespolizei FBI in der Affäre um russische Wahlbeeinflussung Besorgnisse aus. Kritiker befürchten, dass Trump auch Berater oder gar Familienmitglieder begnadigen könnte, wenn diese strafrechtlich belangt würden. Bei den Untersuchungen geht es hauptsächlich darum, ob es eine Zusammenarbeit zwischen Mitgliedern von Trumps Wahlkampflager und Russland bei den Moskau zur Last gelegten Manipulationsversuchen gab.

Redaktion beck-aktuell, Gabriele Chwallek, 28. August 2017 (dpa).

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