Studie zu NS-Vergangenheit von Palandt und Schönfelder vorgelegt

Das Institut für Zeitgeschichte hat eine Studie über die NS-Juristen Otto Palandt und Heinrich Schönfelder vorgelegt, die Jahrzehnte Namensgeber zweier bekannter juristischer Standardwerke waren. Die vom bayerischen Justizminister Georg Eisenreich (CSU) in Auftrag gegebene Studie belege das Ausmaß ihrer Verstrickung in NS-Unrecht, teilte sein Ministerium mit. Für beide Juristen lasse sich eine substanzielle Identifikation mit der nationalsozialistischen Ideologie klar belegen.

Eisenreich: Studie belegt Ausmaß der Verstrickung in NS-Unrecht

Laut Eisenreich hat die Studie bestehende Erkenntnisse, aber auch Vermutungen bestätigt und neue, unbekannte Aspekte aus dem Leben von Otto Palandt (1877-1951) und Heinrich Schönfelder (1902-1944) ans Licht gebracht. Sie belege, in welchem Umfang diese beiden Namensgeber juristischer Standardwerke in das NS-Unrecht verstrickt gewesen seien. Alle Juristinnen und Juristen müssten aus dem dunkelsten Kapitel unserer Vergangenheit und dem beispiellosen Zivilisationsbruch lernen. Deshalb sei es wichtig, sich mit den gravierenden Folgen von rechtsstaatlichen und ethischen Maßstäben losgelösten juristischen Handelns auseinanderzusetzen, so Eisenreich.

Palandt diente rückhaltlos dem Nationalsozialismus

Die Studie komme zu dem Ergebnis, dass sich sowohl für Palandt als auch für Schönfelder eine substanzielle Identifikation mit der nationalsozialistischen Ideologie klar belegen lasse. Otto Palandt habe als Beamter und Richter nach 1933 "dem Nationalsozialismus rückhaltlos gedient" und "insgesamt zu einer Vertiefung der nationalsozialistischen Unrechtsauffassung beigetragen". Der langjährige Präsident des Reichsjustizprüfungsamts habe von 1933 bis 1943 maßgeblich daran mitgewirkt, den Weimarer Rechtsstaat abzuschaffen. In diesem Sinne sei Otto Palandt ein wichtiger Dozent und Lehrer des NS-Unrechtsstaats gewesen, ein Protagonist des NS-Regimes, der mit großer Eigeninitiative und viel Engagement ganz maßgeblich zur Um- und Durchsetzung der politisch-ideologischen Vorgaben hinsichtlich der juristischen Ausbildung und des Prüfungswesens beigetragen habe.

Schönfelder wollte faschistische Diktatur in Deutschland

Heinrich Schönfelder habe bereits in der Weimarer Republik zu den "rechtsextremistischen Demokratiefeinden" gehört. In seiner 1926 erschienenen Dissertation habe Schönfelder für die Einführung einer faschistischen Diktatur in Deutschland plädiert. Schönfelders antisemitische und antisozialistische bzw. antikommunistische Haltung habe insbesondere Niederschlag in einer von ihm ab 1929 verlegten Heftreihe mit Prüfungsfällen gefunden. In diesen für die Vorbereitung von Studentinnen und Studenten auf die juristischen Staatsexamina konzipierten Bänden habe Schönfelder die Fallbeispiele vielfach suggestiv und manipulativ entlang antisemitischer und antisozialistischer Stereotype konstruiert. Während des "Dritten Reichs" habe er sich "vorbehaltlos mit den Zielen des Nationalsozialismus identifiziert und als Beamter und Richter zu deren Umsetzung beigetragen".

Werke heißen jetzt "Grüneberg" und "Habersack"

Die Standardwerke "Palandt" und "Schönfelder" gehörten jahrzehntelang zur Grundausstattung von Juristinnen und Juristen. Der Verlag C.H.BECK gab im Juli 2021 die Umbenennung der Werke bekannt. Der "Palandt" heißt inzwischen "Grüneberg", benannt nach dem BGH-Richter Christian Grüneberg. Aus "Schönfelder" wurde "Habersack", benannt nach dem früheren Präsidenten des Deutschen Juristentages, Mathias Habersack. Klaus Weber, Mitglied der Geschäftsleitung des Verlags C.H. Beck erklärte: "Der Verlag hatte sich in diesem Zusammenhang entschlossen, die Namen aller Werke zu ändern, deren Namensgeber in der NS-Zeit eine aktive Rolle gespielt hatten. Die neuen Forschungsergebnisse haben das Bild von Palandt und Schönfelder nochmals abgerundet. Sie bestätigen uns, 2021 die richtige Entscheidung getroffen zu haben." Eisenreich sagte mit Blick auf die Ergebnisse der Studie, die Umbenennung sei richtig und notwendig gewesen.

Redaktion beck-aktuell, 29. Juni 2023.