Obwohl viele Unternehmen das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) bereits implementiert hätten, bleibe der Personalmangel eine zentrale Hürde, bekräftigen sie in einer aktuellen Studie, die EQS Group in Zusammenarbeit mit der Hochschule für angewandte Wissenschaften Ansbach erstellt hat.
Für die Studie wurden nach Angaben von EQS von Mai bis Juni 2024 mehr als 400 repräsentativ nach Branchen, Mitarbeiterzahl und Umsatz ausgewählte Unternehmen in sieben europäischen Ländern befragt. Etwa 60 Prozent der befragten Unternehmen haben Hauptsitz in Deutschland, die weiteren stammen aus Großbritannien, Spanien, Frankreich, Italien, Dänemark und der Schweiz.
89% der befragten Unternehmen sehen danach die begrenzten personellen Ressourcen als größte Herausforderung; im Vorjahr seien es nur 60% gewesen, heißt es in der Studie. In den meisten befragten Unternehmen kümmerten sich ein bis fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Bereichen Compliance, Einkauf oder Recht um die Umsetzung des Gesetzes. In 46% der befragten Unternehmen sei seit Inkrafttreten des LkSG bereits mindestens eine Beschwerde in Bezug auf das Gesetz eingegangen. Dabei halten die mit Abstand meisten Unternehmen (94%) das Risiko für LkSG-Verstöße in ihrem eigenen Geschäftsbereich für gering oder gar sehr gering. Auch bei unmittelbaren Lieferanten schätzen 85% das Risiko als gering ein, für mittelbare Lieferanten sehen das allerdings nur noch 27% so; 62% sehen ein mittleres Risiko.
Sorgenvoller Blick auch auf EU-Lieferkettenrichtlinie
Auch im Hinblick auf die CSDDD, die europäische Lieferkettenrichtlinie, beklagen Unternehmen laut der Studie unzureichende Ressourcen. Die Richtlinie, die über die Anforderungen des LkSG hinausgehe, muss bis 2026 in nationales Recht umgesetzt werden. 57% der befragten deutschen Unternehmen gaben an, sich zum Zeitpunkt der Befragung bereits mit der CSDDD auseinandergesetzt zu haben, obwohl die Richtlinie noch nicht veröffentlicht war. 84% bewerteten die Umsetzung auf einer Skala von 1 (problemlos) bis 5 (schwierig) mit 3 oder höher.
Als größten Hindernisse hätten die Unternehmen auch hier fehlende Ressourcen wie Personal, finanzielle Mittel oder IT-Systeme genannt, sowie hohe Anforderungen an die Dokumentation und intransparente Lieferketten. Dennoch wollen laut Studie 72% keine zusätzlichen Mittel für die Umsetzung der CSDDD bereitstellen. Nur 17% möchten zusätzliches Personal einstellen und lediglich 10% planen den Einsatz neuer digitaler Tools.
Unternehmen sehen auch wirtschaftliche Chancen
Trotz der Herausforderungen sähen Unternehmen auch Chancen in Lieferkettengesetzen, erläutern die Macherinnen und Macher der Studie. 52% glauben demnach, dass die Umsetzung der LkSG-Anforderungen die Möglichkeit biete, Werte und Verantwortung in ihrer Wertschöpfungskette zu stärken. 30% sind der Ansicht, dass das Gesetz ihnen helfe, Aufträge zu sichern, und 28% sehen Vorteile im Hinblick auf ihre Reputation.
Für 54% der nach dem LkSG verpflichteten Unternehmen seien menschen- und umweltrechtlichen Aspekte in der Lieferkette relevante Auswahlkriterien für Lieferanten. Dafür hätten sie neben den Sorgfaltspflichten des LkSG verschiedene Maßnahmen zur Stärkung der Menschenrechte und des Umweltschutzes in der Lieferkette verankert, vor allem einen Supplier Code of Conduct (41%), Lieferantenbefragungen (26%) und Audits (21%).
DGB und Dax40-Betriebsräte für wirksames Lieferkettengesetz
Für eine wirksame Weiterentwicklung des deutschen Lieferkettengesetzes treten derweil die Betriebsräte der Dax40-Unternehmen und DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi ein. Anlässlich der laufenden Debatte um das Gesetz fordern sie, dessen Stärken zu erhalten und es zugleich praktikabler zu gestalten. Keinesfalls dürfe es ausgesetzt werden. Es sei ein "Meilenstein für den Schutz von Arbeitnehmerrechten", so Fahimi, und zwar nicht nur in globalen Lieferketten, "sondern auch direkt vor unserer Haustür".
Gleichzeitig spricht sich die DGB-Vorsitzende dafür aus, das deutsche Umsetzungsgesetz zur EU-Lieferkettenrichtlinie bürokratiearm zu gestalten, um den administrativen Aufwand für Unternehmen zu reduzieren. Etwa sollten doppelte Berichtspflichten vermieden werden.