Streit um Justizbefragung im Rechtsausschuss zur Aufklärung im Fall Jalloh

Im Streit um die Aufklärung des Todes von Oury Jalloh in einer Gefängniszelle in Sachsen-Anhalt vor 15 Jahren haben Richter und Staatsanwälte die geplante Befragung von Justizbeamten kritisiert. Der Bund der Richter und Staatsanwälte in Sachsen Anhalt nannte das Verfahren einen “eklatanten Eingriff in die grundgesetzlich geschützte richterliche Unabhängigkeit“. Zuvor hatten sieben in den Fall involvierte Richter und Staatsanwälte eine Befragung im Rechtsausschuss des Landtages verweigert.

Genaue Umstände des Todes von Oury Jalloh bislang ungeklärt

Oury Jalloh war im Januar 2005 an Händen und Füßen gefesselt in einer Dessauer Polizeizelle ums Leben gekommen, sein Körper wies schwere Verbrennungen auf. Die genauen Umstände des Todes konnten auch in zwei Gerichtsverfahren nicht geklärt werden. Seit zwei Jahren untersuchen zwei externe Berater für den Rechtsausschuss die juristische Aufarbeitung des ungeklärten Todesfalls Jalloh. Im Rahmen dieser Aufarbeitung sollten sie auch beteiligte Richter und Staatsanwälte befragen.

Vernehmung der Richter und Staatsanwälte im Rechtsausschuss beschlossen

Das lehnte das Justizministerium vorige Woche ab. Die Vorgesetzten der Richter und Staatsanwälte hätten das mit dem Hinweis auf verfassungsrechtliche Bedenken abgelehnt, sagte Landesjustizministerin Anne-Marie Keding (CDU) zur Begründung. Linke, SPD und Grüne warfen dem Justizministerium daraufhin vor, die Aufklärung des Falles zu behindern. Keding hatte daraufhin versichert, sich für die Aufklärung einzusetzen. “Wir prüfen derzeit Wege, inwieweit auch pensionierte Beamte verpflichtet werden können, an einer Sitzung des Rechtsausschusses teilzunehmen“, sagte ein Sprecher des Ministeriums gegenüber der Presse. Am 08.07.2020 hatten die Obleute des Rechtsausschusses dann vereinbart, die Befragung nicht unter vier Augen, sondern im Rechtsausschuss durchzuführen. Da wollen nun die sieben Richter und Staatsanwälte, von denen inzwischen fünf im Ruhestand sind, nicht mitmachen. 

CDU-Fraktion sieht richterliche Unabhängigkeit gefährdet

Die Linke sprach nach der Absage der Befragung von einem absolut unwürdigen Vorgang. Unterstützung bekamen die Richter und Staatsanwälte hingegen aus der CDU-Fraktion. Ihr Mitglied Jens Kolze griff stattdessen den Berater des Rechtsausschusses, den früheren Rechtsexperten der Grünen im Bundestag, Jerzy Montag, an. “Wir werden uns nicht daran beteiligen, Richter und Staatsanwälte aus Sachsen-Anhalt durch Befragungen im Ausschuss in eine Situation zu bringen, in der sie sich in ihrer richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt sehen“, sagte Kolze. Die Fraktion werde die weiteren Ausschussbefassungen aber “konstruktiv begleiten“.

Redaktion beck-aktuell, 10. Juli 2020 (dpa).